Gedanken
Monatslosung Dezember Download
Steh auf, werde Licht, denn dein Licht kommt und der Glanz Gottes strahlt über dir auf! Jesaja 60,1 (BigS)
Die Symbolik von Licht übt eine starke Faszination aus. Gerade an Weihnachten sind Lichter und Kerzen allgegenwärtig. Inmitten der dunkelsten Tage feiern wir ein Fest voller Licht und Hoffnung. Nicht ohne Grund wurde bereits von den Römern am 25.12 der Festtag der Wintersonnenwende und der Geburtstag des «Sol Invictus», der «unbesiegbaren Sonne» gefeiert.
Man erlebte, dass auch in der dunkelsten Finsternis der Winterzeit die Sonne unbesiegbar ist. Denn im Frühling war sie stets wieder länger, und noch mehr im Sommer, in ihrer vollsten Wärme und ihrem hellsten Glanz am Himmel zu sehen. Es war ein Festtag, an dem der Sieg des Lichtes und des Lebens über die Finsternis und den Tod mit einem Sonnenwendfeuer gefeiert wurde.
Unter Kaiser Konstantin wurde im 4. Jahrhundert an diesem 25. Dezember das Weihnachtsfest eingeführt. Dieser Tag galt damals auch als der kürzeste Tag des Jahres, der Tag der Wintersonnenwende. Eine kräftige Symbolik: gerade dann, wenn es am dunkelsten ist, richten wir uns auf das Lichtvolle aus. Nur wenn es dunkel ist, vermögen wir auch Sterne zu erblicken, die im gleissenden Licht der Sonne unsichtbar sind. Manchmal sind gerade die Lichter und Hoffnungen, die nicht am auffälligsten und grellsten sind, diejenigen, die uns am meisten Sinn schenken.
Diese Symbolik zeigt auch, dass uns nicht nur äusseres, physikalisches Licht aufzuhellen vermag. Ein inneres, geistiges Licht kann auf unser Leben, unsere Gefühle und unser Denken noch viel erhellender wirken, als das wärmste Sonnenbad. Das bedeutet es für mich, wenn in der Losung von einem «Glanz Gottes» die Rede ist. Und diese innere Helligkeit und Wärme wünsche ich uns allen.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung November Download
Nach Gottes Verheißung erwarten wir aber neue Himmel und eine neue Erde. Dort ist Gerechtigkeit zu Hause. 2. Petrus 3,13 (BigS)
Wie würde wohl eine «neue Erde» und ein «neuer Himmel» für uns aussehen, wenn wir diese nach unseren Wünschen und Werten einrichten, oder besser, sanieren könnten? Unsere Welt ist «sanierungsbedürftig», das ist unbestritten. Die technischen Details bei dieser Sanierung sind aber oft Anlass von erbittertem Streit. Und wenn es ums Fundament geht?
Hier verweist die Losung auf einen Wunsch, den wir alle teilen: Gerechtigkeit. Ja, Gerechtigkeit wollen wir alle. Das ist unser Fundament. Geht es aber darum, wie die Pfeiler unseres Zusammenlebens konkret saniert werden sollen, schlagen wir uns schon wieder die Pläne um die Ohren. Es gibt nicht einmal eine allgemeingültige Gerechtigkeitstheorie, auf die sich alle einigen könnten. Denn unsere Vorstellungen über Gerechtigkeit gehen von unterschiedlichen Grundwerten und Interessen aus, die in der Diskussion oft nicht klar zutage kommen. Zuweilen sind sie uns nicht einmal selber bewusst.
Um uns bei den Plänen zu einigen, ist es gut, wenn wir uns unseren Interessen und Ansichten bewusst sind, diese in der Sanierungs-Diskussion aber für einen Moment zurückstecken. Eine Frage können wir uns dabei immer wieder stellen: «was würde ich empfinden, wenn ich der Gruppe zugehören würde, die von dieser Sanierungsmassnahme betroffen wäre?». In Matthäus 7,12 findet sich eine einfache, aber klare Aussage zum gefragten Fundament: «Wie immer ihr wollt, dass die Leute mit euch umgehen, so geht auch mit ihnen um!».
Die in Mt 7,12 formulierte goldene Regel ist kein technisches Detail, über welches wir streiten müssen, sie trifft ein Kernanliegen aller Gerechtigkeitsvorstellungen und findet sich in auch der Tora (3.Mose 19,18), den Hadithen des Islams (Hadith 13), den Gesprächen des Konfuzius (15,23), im Mahabharata des Hinduismus (13,113,8) in den buddhistischen Palikanon (Dhammapada und Samyutta Nikaya) und so weiter.
Und weil sie goldig ist, müsste das Fundament auch halten.
Text: Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: Riederalp, E. Egeter)
Monatslosung Oktober Download
Gott hört nicht auf damit, uns zu zeigen, dass er uns liebt, darum leben wir überhaupt. Er liebt uns jeden Tag, als ob es kein Gestern gegeben hätte, er steht immer zu mir. Klagelieder 3,22-23 (Volx)
Die Zärtlichkeit, die in diesen Worten zutage kommt, mag in der jetzigen Zeit geradezu als Provokation wirken. Doch hier geht es nicht um eine Liebe, die verdient werden muss und nicht um eine Liebe, welche mit unseren Handlungen aufgewogen wird. In der Losung wird eine Liebe angesprochen, die gleichsam unseren Existenzgrund darstellt: «darum leben wir überhaupt».
Das heisst nicht, dass wir tun und lassen können, was uns immer gerade einfällt. Es heisst auch nicht, dass wir allen Impulsen, seien sie noch so aggressiv, folgen sollen – und dann obendrauf noch berechtigt wären, zu behaupten, dass wir ja ohnehin geliebt seien.
Hier geht es um etwas viel Grundsätzlicheres: Wenn wir uns, wegen unserer tiefen Verletzlichkeit nicht behaupten und beweisen müssen, neigen wir auch weniger zu Gewalt- und Dominanzverhalten. Wenn wir also wirklich fühlen, dass unser Dasein von jemandem erwünscht ist, dessen «Herz und Verstand» unendlich ist, kann das eine existenzielle Angst heilen, die eine zentrale Ursache von Gewalt und Ungerechtigkeit ist.
Dann gibt es kein Gestern, welches zu weiteren ungerechten Taten führt und kein Morgen, das wir fürchten müssen.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung September Download
Bin ich nur Gott, wenn ich nahe bin, – so Gottes Spruch – bin ich nicht auch Gott, wenn ich fern bin? Jeremia 23,23 (BigS)
Diese Frage über die Anwesenheit oder Abwesenheit Gottes erinnert mich an das Gedicht «Spuren im Sand» von Margret Fischbach. In ihrem berührenden Gedicht sieht sie in einem Traum, dass ihre Spuren im Sand der Vergangenheit, ausgerechnet in schweren Zeiten unbegleitet waren. Nur in unbesorgten Zeiten waren zwei Spuren zu sehen: eine von ihr und eine von Gott.
Verwundert fragt sie Gott im Traum, warum sie ausgerechnet dann, wenn sie Gott am meisten benötigt hätte, keine Begleitung hatte. Die Antwort ist sowohl überraschend als auch einleuchtend: «Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen.»
Wenn man bedenkt, dass Frau Fischbach 1964, kurz vor dem Verfassen dieses Gedichtes durch einen Blitzschlag schwer verwundet wurde, ist das Vertrauen, welches durch diese Zeilen leuchtet, umso beeindruckender.
Dieses Vertrauen wünsche ich uns allen – auch in schwierigen Zeiten!
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung Juli/August Download
Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist. Ex 23,2 (E)
Es ist gar nicht so einfach, sich von Meinungen anderer nicht beeinflussen zu lassen – und das ist grundsätzlich gut so: wenn wir überhaupt nicht auf die Ansichten anderer reagieren würden, wären wir nicht lernfähig. Das andere, ebenfalls heikle Extrem besteht darin, ein Blatt im Wind zu sein. Wieder einmal geht es also um das gute, altbekannte mittlere Mass. Das klingt einfach, ist es aber nicht.
In der Losung wird die Problemseite der «Blätter im Winde» angesprochen: denn, wenn eine Mehrheit im Unrecht ist, können wir von ihr auch nichts lernen. Allerdings liegt genau hier die Krux: Wie stellen wir fest, wer im Recht ist? Wir oder die Mehrheit? Und das macht die Frage nach der Mitte zwischen dem «Blatt im Wind» und einer sturen Haltung so schwierig.
Wenn eine Meinung falsch ist, insbesondere wenn sie in ethischer Hinsicht ungerecht oder menschenfeindlich ist, haben wir guten Grund, konsequent an einer entgegengesetzten Meinung festzuhalten.
Vielleicht gibt uns dies auch einen Kompass dafür, wann wir an unserer Meinung festhalten sollen und wann nicht. Wir können uns fragen: welche Konsequenzen hat unsere Meinung für einzelne Menschen, die Gesellschaft, für fühlende Wesen, die Natur und für die Welt als Ganzes?
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung Juni Download
Mose aber sprach zum Volk: Fürchtet euch nicht! Bleibt stehen und seht, welche Hilfe der HERR euch heute erweisen wird. Ex 14,13 (ZUB)
Das ist einfacher gesagt, als gefühlt: «sich nicht fürchten». Viele Menschen fürchten sich doch oft oder sogar ständig – gerade in der jetzigen Zeit. Den grössten Fehler, den wir mit dem Umgang mit diesem Gefühl machen können, besteht im Anspruch, es nicht zu haben. Vielleicht weil wir glauben, Furcht sei nur einem Kind erlaubt oder weil wir ein falsches Verständnis von Stärke haben.
Doch Leugnung oder Verurteilung dieser Emotion führen zu einem komischen Abwehrverhalten oder zu noch mehr davon: der Angst vor der Furcht. Jede Emotion, die wir verdrängen, schwelt unbewusst weiter. Einmal im Unsichtbaren, können wir nicht auf sie eingehen und an ihr arbeiten.
Das angesprochene «Stehenbleiben» im Vers kann deshalb auch so verstanden werden, dass wir vor der Furcht selber nicht davonlaufen sollen. Emotionen gehören so fundamental zum Leben wie unser Atem. Und zuweilen schützt uns die Furcht ja auch vor noch grösserem Unheil als diesem Gefühl selber.
Der Umgang mit Emotionen sollte in Analogie zu einem liebevollen Umgang mit unseren Mitmenschen geschehen. Wir sind verständnisvoll und liebevoll, aber wir lassen uns nicht zu unserem Schaden einnehmen. Wenn wir Emotionen, ohne uns von ihnen einlullen zu lassen, mit einem Bewusstsein der Liebe begegnen, eröffnen wir ein Feld, in welchem Heilung stattfinden kann.
Gefühle sind wie Kleinkinder: wenn man sie ignoriert oder gar beschimpft, werden sie erst recht laut. Klar: es braucht sehr viel Geduld, und manchmal ziemlich viel Durchhaltewillen. Nichtsdestotrotz kann ein Gefühl, metaphorisch gesprochen, in unseren offenen Armen gleichsam getröstet werden, sich allmählich beruhigen und mit sehr viel Geduld schliesslich geheilt werden.
Die Haltung der Annahme ist wesentlich eine Haltung der Liebe – das gilt gegenüber uns selber, unseren Gefühlen aber auch im Verhältnis zu unseren Mitmenschen. Das kann man als «Stehenbleiben» deuten. Die Hilfe, welche der Vers verspricht, ist die Kraft einer umfassenden Liebe, mit der wir in uns Schritt um Schritt verbinden können. Dann wird die Furcht nicht durch unsere Feindschaft mit ihr verstärkt.
Auch wenn es nicht einfach ist: es ist ein möglicher Weg, der die Furcht in Vertrauen einbetten und so heilen kann.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung Mai Download
Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist zuträglich. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich. 1.Korinther 6,12 (ZUB)
Das klingt doch gut: «Alles ist mir erlaubt»! Auf den ersten Blick liest sich das wie ein Freipass, all meinen Impulsen und Wünschen zu folgen. Doch es heisst weiter: «aber nicht alles ist zuträglich». Nicht alles, was ich spontan tun möchte, ist letztlich gut für mich und andere, auch wenn ich die Freiheit hätte, es zu tun.
Oberflächlich betrachtet, mag es scheinen, dass wir frei sind, wenn wir ohne Einschränkung jedem spontanen Wunsch den wir haben, folgen können. Schauen wir jedoch etwas genauer hin, merken wir, dass wir oft von unseren Wünschen und Emotionen derart getrieben sind, dass es mitunter einem Zwang gleichkommt, wenn wir ihnen folgen. So gesehen hat das Ausleben von Wünschen nicht immer etwas mit Freiheit zu tun.
Es gilt also, zwei Arten von Freiheit zu unterscheiden: die Freiheit, hilfreiche Wünsche auszuleben und die Freiheit, schädlichen Wünschen nicht zu folgen. Im zweiten Teil von 1.Kor 6,12 wird der Balanceakt zwischen diesen zwei Formen der Freiheit auf den Punkt gebracht: «Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich».
Es gibt also auch eine Freiheit, einem Handlungsimpuls nicht zu folgen, beispielsweise wenn er uns oder andern schadet. In diesem Fall zeugt es von Freiheit, wenn wir auf eine Handlung verzichten, auch wenn wir frei dazu wären. Diese Art der Freiheit ist grösser, als die Freiheit, alles auszuleben.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung April Download
Seid immer bereit, allen, die euch danach fragen, zu erklären, welche Hoffnung in euch lebt. 1.Petrus 3,15b (BigS)
In der April-Losung aus dem 1. Petrusbrief werden wir ermutigt, zu einer konstruktiven, hoffnungsvollen Lebens-haltung zu stehen. Das ist nicht immer einfach. Mit einer positiven Grundhaltung kann man schnell als naiv oder weltfremd gebrandmarkt werden. Zuweilen wird sogar die Ablehnung zynischer Haltungen als Merkmal eines «unkritischen» Geistes gesehen. Hier gilt es aber, einiges auseinanderzuhalten: erstens sind wir sicher nicht kritisch, wenn wir einfach an alle Deutungen glauben, die maximal negativ sind. Kritisch zu sein, bedeutet zweitens, alle möglichen Bewertungen einer Sachlage unter die Lupe zu nehmen, nicht nur diejenigen, die nicht in unser Weltbild passen.
Wir alle haben die Tendenz, auf bestimmte Themen oder Ereignisse mit bereits gemachten Ansichten zu reagieren – und das nicht selten negativ. Natürlich, es ist verständlich, wenn sich bei den vielen weltpolitischen Hiobsbotschaften, die unsere persönlichen Sorgen noch verstärken, Pessimismus und Resignation ausbreiten. Dennoch gilt es, diese Gewohnheit zu überprüfen. Nämlich darauf, ob Hoffnungslosigkeit wirklich die einzig mögliche Ant-wort darauf ist. Vor allem stellt sich die Frage: bringt sie uns weiter?
Genau deshalb ist es zweifelhaft, ob ausgerechnet ein negatives Menschenbild, eine düstere Grundhaltung zum Leben, «kritisch» oder gar einzig «wahr» sein soll. Klar, wenn wir die ganze Welt und alle Menschen durch eine abwertende Brille sehen, wird das langfristig Konsequenzen haben – woraus wir dann den Schluss ziehen oder schon gezogen haben, dass unsere negativen Urteile ja den Tatsachen entsprechen. Das nennt sich «Teufelskreis». Es stellt sich die unlösbare Frage, was zuerst war: das negative Denken oder die negativen Tatsachen?
Was in der Losung als «Hoffnung» bezeichnet wird, kann uns jedoch aus diesem Zirkel führen: Wir glauben an das Gute in uns, im Menschen und im Kosmos, versuchen danach zu leben und investieren in diese Ideale. Auch das wird Wirkungen zeigen, aber natürlich nicht gleich von heute auf morgen. Im Gegenteil, es braucht unendlich viel Geduld – und wie in der Losung angesprochen, braucht Hoffnung Mut. Aber sie ist ein zarter Anfang für eine bessere Welt.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung März Download
Erschreckt nicht! Jesus sucht ihr, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist auferweckt worden, er ist nicht hier. Das ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt haben. Mk 16,6 (ZUB)
Diese österlichen Worte aus dem Markusevangelium verweisen auf unsere unsterbliche Sehnsucht, den Tod, alles Dunkle, Leidvolle und den Schmerz der Vergänglichkeit und zu überwinden. Besonders schön wird das im 1. Korintherbrief (1Kor 15,53-55) zum Ausdruck gebracht:
«Denn was jetzt vergänglich ist, muss mit Unvergänglichkeit bekleidet werden, und was jetzt sterblich ist, muss mit Unsterblichkeit bekleidet werden. Wenn aber mit Unvergänglichkeit bekleidet wird, was jetzt vergänglich ist, und mit Unsterblichkeit, was jetzt sterblich ist, dann wird geschehen, was geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?»
Viel schöner und poetischer kann man die österliche Kernbotschaft nicht mehr zum Ausdruck bringen. So wünsche ich allen sonnige Ostern und einen lichtvollen Frühling voller Kraft und Zuversicht.
Von Herzen wünsche ich ausserdem, dass wir, wenn auch manchmal verschüttet, so doch ganz tief in uns wissen, dass es nie vergebens ist, für eine Welt zu arbeiten, in der das Licht die Dunkelheit überwindet und die Liebe letztlich stärker ist als der Hass.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung Februar Download
Jede von Gott eingegebene Schrift ist auch nützlich zur Belehrung, zur Zurechtweisung, zur Besserung und zur Erziehung in der Gerechtigkeit. 2 Tim 3,16 (ZUB)
Es ist mehr als berechtigt, wenn im 2. Timotheusbrief auf Besserung und Erziehung hingewiesen wird, auch wenn das vielleicht auf den ersten Blick seltsam wirkt. Denn üblicherweise geht man davon aus, dass die Erziehung mit 20 abgeschlossen ist. Doch Erziehung im weiteren Sinne, insbesondere unsere «Selbsterziehung», ist Persönlichkeitsentwicklung. Und dass wir uns ein Leben lang entwickeln, wird wohl niemand bezweifeln.
Beim Projekt der Erziehung, ist es also wichtig, dass wir immer auch uns selbst «an der Nase» nehmen. Es ist allzu leicht, mit dem Zeigefinger auf das Fehlverhalten der jungen Generation zu zeigen. Dabei können wir, wenn das andere tun, ziemlich unauffällig unsere eigenen Unzulänglichkeiten mit der Schminke der Entrüstung übertünchen.
Aber Hand aufs Herz: müssten wir nicht zugeben, dass wir nur durch ständige Selbsterziehung, nur durch den kritischen Blick auf unser eigenes Fehlverhalten, uns und die ganze Gesellschaft – und nicht nur die Jugend – verbessern können?
Und wenn diese, in der Losung erwähnte «Besserung» zu mehr Gerechtigkeit, gegenseitigem Respekt und gesellschaftlichem Frieden führt, dann ist die Aufforderung vom 2 Tim 3,16 nicht umsonst.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung Januar Download
Junger Wein gehört in neue Schläuche. Mk 2,22 (E)
Der Ruf nach «neuem Wein», nach einem modernen Verständnis des Lebens und der Gesellschaft ist in unserer Zeit nicht zu überhören. Und es spricht auch nichts gegen neuen Wein, zumal dessen Frische bekömmlicher ist, als ein überalterter Wein, der jeglichen Geschmack verloren hat. Wenn wir auch nur minimal optimistisch sind, und der Menschheit Fortschritte zubilligen, können wir keinen Zweifel daran hegen, dass Reformen, egal wo, immer einen Platz haben müssen.
Das heisst allerdings nicht, dass ein Wein, egal welcher Herkunft, nur dadurch besser ist, weil er neu ist. Aber auch das Gegenteil ist nicht der Fall: alter Wein ist nicht per se besser als neuer, sprich: nur das Alter einer Auffassung bestimmt nicht, wie berechtigt, gerecht oder stimmig sie ist. Mir scheint, dass es in beiden Lagern, sowohl im konservativen als auch den modernen, eine Tendenz gibt, etwas nur deshalb abzuwerten, weil es als «modern» oder «traditionell» gilt.
Damit kommen wir nicht weiter. Es gibt wertvollen, köstlichen alten Wein und erfrischenden, belebenden neuen Wein! Das eine schliesst das andere nicht aus. Das Argument: «Es war schon immer so…» hält keiner genaueren Überprüfung stand, auch nicht einer ethischen. Wenn wir dagegen radikal alles zerstören wollen, nur weil es nach altem Wein schmeckt, schütten wir das «Kinde mit dem Bade aus». Dazu passt, was im Markusevangelium nur ein Vers vor unserer Losung steht (Mk 2,21): «Niemand näht ein Stück neuen Stoff auf einen alten Mantel, sonst reisst der Flicken etwas von ihm ab, das Neue vom Alten, und es entsteht ein noch schlimmerer Riss».
Innovation und konstruktive Reformen bedingen und bedeuten: geistig lebendig zu bleiben. Lebt eine Gesellschaft oder eine Institution, so gestaltet sie sich fortlaufend neu. Das ist nicht immer einfach: man kann sich das vorstellen, wie ein Schiff, welches während der Fahrt umgebaut werden muss. Auch die reformierte Kirche ist ein Gefäss, das sich laufend neugestaltet, kein Bollwerk, sondern ein Prozess: ecclesia reformata, semper reformanda! Das gibt uns Mut, hält uns lebendig und birgt viele Chancen.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung Dezember Download
Meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor den Augen aller Völker bereitet hast. Lk 2,30-31 (ZUB)
Passend zur Adventszeit finden wir in unserer Losung aus dem 2. Kapitel des Lukasevangeliums den Hinweis auf ein «Heil». In diesem Kapitel findet sich auch die Weihnachtsgeschichte. Dieser Begriff taucht also nicht zufällig auf.
Doch was für ein «Heil» können wir an Weihnachten überhaupt erwarten? Gerade in einer Zeit, in welcher man die Empfindung haben kann, dass wir uns in einer vielseitigen Abwärtsspirale befinden? Ist da der weihnächtliche Rückgriff auf einen Messias, der alles für uns erledigt, nicht etwas zu passiv?
Ja, wenn wir uns selber nicht anstrengen, ebenfalls daran mitzuarbeiten, dass diese Welt ein Stück besser wird, wäre das eine Hoffnung, die nur unserer eigenen Bequemlichkeit dient. Doch die Weihnachtsgeschichte – und mit ihr die Weihnachtszeit – haben auch die Kraft, in uns tiefe Gefühle der Menschlichkeit und den Glauben an das Gute auszulösen. Diese Form der Hoffnung, ist eine, die uns motivieren kann, an einer lichtvolleren Welt mitzuarbeiten.
Die Worte: «Meine Augen haben das Heil gesehen», beziehen sich auf eine Aussage von Simeon, als er Jesus mit seinen Eltern begegnete und das noch kleine Kind auf seine Arme nahm (Lk 2,27-28). Jesus gilt als leuchtendes Vorbild, was den Blick auf das Gute im Menschen und gelebter, voraussetzungsloser Nächstenliebe betrifft. Deshalb hat Weihnachten, an der bekanntlich seine Geburt gefeiert wird, die Symbolkraft des Heils, des Lichtes und der Liebe.
Denn wenn allen Menschen von Geburt an, jene voraussetzungslose Liebe, jene in tiefstem Verständnis begründete Geborgenheit geschenkt wäre, hätte das sehr heilsame Konsequenzen für die ganze Gesellschaft. Dann würde auch nicht das moralische Dilemma auftauchen, wie Nächstenliebe im Zusammenhang mit gewalttätigen Menschen gelebt werden kann.
Wenn wir es schaffen, unsere Beziehungen mindestens in diese Richtung umzugestalten, wäre das eine Umsetzung des Weihnachtsgedankens. Dann wäre das Heil nicht nur durch die Weihnachtsgeschichte erahnbar, sondern durch das ganze Jahr in unserem Alltag ein Stück weit gelebt. Es wäre dann gewissermassen das ganze Jahr «fast Weihnachten».
Dr. phil. Edwin Marukus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung November Download
Vermag den Himmel aufzuspannen – die Gottheit allein, sie ist's, die ihren Weg nimmt auf den Kuppen des Meeres, die das Sternbild des Löwen schuf, den Orion, das Siebengestirn und die Kammern des Südens. Hiob 9,8-9 (BigS)
Die Geschichte von Hiob ist schwer zu verstehen: er wird von einer Kaskade der schlimmsten Schicksalsschläge getroffen: er verliert 10 Kinder, den gesamten Besitz und dann noch die Gesundheit. Die schrecklichen Nachrichten überhäufen sich – daher kommt auch der Ausdruck «Hiobsbotschaften». Aber Hiob bleibt unerschütterlich in seinem Glauben und Vertrauen auf Gott. Die Geschichte wirft, angesichts des furchtbaren Unglücks viele Fragen auf, auch deshalb, weil Hiob ein gerechter Mensch ist.
In der Novemberlosung lässt sich das Vertrauen von Hiob herauslesen. In Hiob 9,2 kommt das noch deutlicher zum Ausdruck: «Ich weiß wahrhaftig, dass es so ist: Wie kann ein Mensch gegenüber Gott im Recht sein?». Das ist freilich sehr schwer zu begreifen: um einen Sinn anerkennen zu können, wollen wir Gründe haben.Wir wollen Erklärungen, die einen Schicksalsschlag in ein begreifbares Gefüge einordnen. Das heisst, ein Schicksalsschlag muss für uns in eine Ordnung passen, die wir als gerecht und sinnvoll empfinden – nicht als ungerecht und chaotisch.
Diese Frage nach einem höheren Sinn des Leidens ist ein uraltes Thema, welches die Menschheit schon lange begleitet. Die Worte Hiobs über den Himmel und das Meer, die damals sehr geheimnisvoll erschienen, zeigen einen Weg der Wissens-Demut auf, der vielleicht veraltet wirkt. Doch selbst wenn heute vieles weniger geheimnisumwittert ist, so bleiben existenzielle Fragen, wie die nach dem Sinn, unbeantwortet. Es gibt kein wissenschaftliches Experiment, bei welchem am Schluss ein «Sinn» herausdestilliert werden könnte.
Manchmal ist es ratsam und weise, unsere hohen Wissens- und Begründungsansprüche loszulassen. Wir wissen nicht (und wohl nie) restlos alles. In der Geschichte Hiob geht es auch um diese Erkenntnis, die ich der Weisheit zuordne. Und Ratsam ist es deshalb, weil das Hadern gegen Unveränderliches, das uns widerfahren ist, nur schon aus psychologischer Sicht nichts bringt: Mit Unveränderlichem zu hadern, macht krank. Es nützt nichts, wenn wir uns beim Bergsteigen über die Schwerkraft nerven. Das macht dieses Unterfangen zur Qual.
Natürlich heisst das nicht, dass wir unsere Welt nicht besser machen sollen und können – falls es sich um Tatsachen handelt, die (noch) verändert werden können. Die Geschichte von Hiob handelt demgegenüber vom Unveränderlichen. Sie ist schwer zu begreifen. Doch scheint sie mir auf eine unglaublich starke Vertrauenshaltung hinzuweisen: mit Unveränderlichem, das zugleich total unbegreiflich ist, leben zu können.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung Oktober Download
Folgt dem Wort, das in euch wirkt, indem ihr es in die Tat umsetzt und euch nicht etwa mit dem Hören begnügt. Sonst betrügt ihr euch selbst. Jakobus 1,22 (Big)
Hier war ich spontan geneigt, den Vers noch zu ergänzen: «und schaut, dass ihr euch nicht mit blossem Reden begnügt». Aber darauf wird im selben Kapitel bereits in Vers 19 verwiesen: «Ihr wisst es doch, meine geliebten Brüder und Schwestern: Jeder Mensch soll schnell sein im Hinhören, langsam aber im Reden und erst recht langsam, wenn er zornig ist».
Unsere Gewohnheit, schnell zu allem etwas zu sagen, unseren Mund voll zu nehmen, wird bei Jakobus schon als Voraussetzung zu diesem Vers in die Schranken gewiesen. So geht es in der Losung eher um ein «inneres Wort», deshalb heisst es auch: «Folgt dem Wort, das in euch wirkt». Das bekannte Ideal, «den Worten Taten folgen zu lassen», wird hier folglich ein wenig anders gewichtet: wir sollen den Gesinnungen in uns, die wir als gut für Natur und Mensch betrachten, Taten folgen lassen.
Doch das ist nicht minder schwierig, wie den Worten Taten folgen zu lassen. Ja, ich glaube, es ist sogar noch schwieriger. Denn erstens müssen wir von einem solchen Ideal etwas wissen. Wir müssen, fähig sein, zu hören, was besser für unsere Welt und unser Zusammenleben wäre. Zweitens muss es soweit kommen, dass die gehörten Worte in uns wirken, was deren Verstehen voraussetzt. Wenn wir es drittens geschafft haben, zu einem Ideal zu stehen, was oft durch Worte geschieht, haben wir einen weiteren Schritt in Richtung Umsetzung gemacht. Der vierte Schritt besteht dann «nur» noch darin, dass nach Hören, Einsicht und Bekenntnis die Tat folgt.
Die zitierten Verse setzen also gleich beim vierten Schritt an und überspringen dabei den dritten. Das geschieht nicht ohne Grund: denn beim dritten Schritt, dem Reden oder dem öffentlichen Bekenntnis, können wir steckenbleiben. Anstatt lange von unseren guten Idealen und Glaubenssätzen zu reden, und uns mit ihnen zu brüsten, sollen wir lieber gleich anpacken! Eine anspruchsvolle Forderung, zu deren Wichtigkeit jedoch nichts hinzuzufügen ist.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung September Download
Jesus Christus fragt: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Mt 16,15 (ZUB)
Wie können wir uns Jesus vorstellen? Was ist Projektion und was ist damals tatsächlich passiert? Historisch wissen wir nicht viel von Jesus, so stellte der evangelische Theologie Rudolf Bultmann einmal fest: «Von Jesus wissen wir historisch eigentlich gar nichts; das, was wir sicher wissen, passt auf eine Postkarte».
Aber das spielt für die kraftvollen Bilder, die sich aus den Erzählungen über Jesus speisen, keine zentrale Rolle. Ja, Jesus selbst hat keine Biografie verfasst und selber keine Schriften hinterlassen. Was wir über ihn wissen, stammt aus Überlieferungen, die mehrere Jahrzehnte nach seinem Tod niedergeschrieben wurden. Es sind insbesondere diese Geschichten und Dialoge, welche in sinnbildlicher und beeindruckender Weise diese herausragende Persönlichkeit beschreiben; einer sonst abstrakten Figur Leben einhauchen.
Die Vorstellungen und Bilder, die wir von Jesus haben, sind und waren immer dem Wandel der Zeit unterworfen. Sich verändernde Weltbilder und verschiedene Gesellschaften, in welchen über Jesus nachgedacht wird, färben auch die Wahrnehmung von Jesus. So hat Albert Schweitzer auf die Kluft zwischen dem damaligen jesuanischen Weltbild und dem modernen Weltbild verwiesen: Diese Kluft mache Jesus zu etwas beinahe Unbekanntem, weshalb er (immer wieder) neu entdeckt werden müsse.
Aber existenzielle Fragen über Menschlichkeit, Sinn und eine gelungene Lebensführung begleiten die Menschheit, seit sie denken kann. Hierfür kommen die Sinnbilder, Dialoge und Geschichten der Evangelien zum Tragen: sie sollen uns Mut und Beispiel geben für ein Leben, welches durchdrungen ist von Liebe und der Überwindung unserer Selbstbezogenheit. Die damalige Gesellschaft war beispielsweise sehr patriarchalisch und ausgrenzend. Jesus hat diese Ungerechtigkeiten in Frage gestellt und damit verbundene Grenzen überwunden, indem er «Unreine» getroffen hat und von Frauen begleitet wurde.
In diesem Zusammenhang spricht Schweitzer davon, dass wir mit Blick und Beziehung auf Jesus ein gemeinsames Wollen erkennen können. Das ist meines Erachtens der Sinn der Aufforderung des Galiläers, ihm zu folgen (Joh 21,22). So können wir Jesus in unsere Zeit holen und sein Leben auf eine heute noch relevante Weise als Inspiration sehen.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung Juli/August Download
Jesus Christus spricht: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet. Matthäus 5,44-45 (BigS)
Eine sehr anspruchsvolle Forderung lesen wir da in der Juli-Losung. Vielleicht wirkt sie fast schon wie eine Provokation. Jesus spricht in starken, aufrüttelnden Bildern – auch hier. Ich denke aber, dass gerade darin ihre Kraft liegt. Denn was ungewohnt ist, berührt uns tiefer. Was von der Norm abweicht, prägt sich besser ein. Das ist auch ein Standardtrick, wenn man sich so genannte «Eselsbrücken» für eine Prüfung baut.
Worauf zielen also diese Worte? Was sollen wir uns einprägen? In den folgenden Versen, Mt. 5,46-47, wird das klarer: «Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr da erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Geschwister grüsst, was tut ihr da Besonderes?». Hier zielt Jesus nämlich auf eine Schwäche, die wir in unserer Selbstgerechtigkeit oft zur Schau tragen, wenn wir uns grosszügig, liebevoll, hilfsbereit und grossherzig wähnen. Schauen wir genauer hin, auf welche Menschen sich diese eingebildeten Tugenden beziehen, müssen wir uns der unbequemen Frage stellen, ob wir es uns nicht etwas zu einfach machen: ist es nicht ziemlich natürlich, ja fast ein emotionaler Automatismus, unsere Enkelkinder reich zu beschenken, diejenigen zu lieben, in die wir verliebt sind oder innerhalb der Familie solidarisch zu sein? Sind das wirklich derart grossherzige Leistungen, die eine bessere Welt schaffen?
Klar, ein guter Umgang mit unseren Liebsten ist schon mal eine gute Basis für eine friedlichere Welt. Doch die Worte in Mt. 5,44-47 weisen darauf hin, dass wir mehr können. Ihr herausfordernder Anspruch soll uns motivieren. Denn wenn wir uns hohe Ziele setzen, erreichen wir wohl mehr, als wenn wir uns im gewohnten Verhalten einnisten. Und es ist ein hohes, ja ein übermenschliches Ziel, welches gleich in nächsten Vers (Mt, 5,48) angesprochen wird: «Ihr sollt also vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist».
Ich glaube, solche Worte mit maximalem Anspruch müssen uns nicht entmutigen. Sie sind wie ein von weither leuchtender Stern, der uns mit seinem Licht zuruft. Diese Worte können uns, analog zum Polarstern, eine innere Navigation geben. Wir müssen den Stern nicht fassen können, um ihn als Richtungsweiser nehmen zu können. Er muss nicht zum Greifen nah sein, aber die Richtung, die soll stimmen.
Dr. phil. Edwin Markus Egeter (Bild: 123RF)
Monatslosung Juni Download
Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde, Korn und Wein in Fülle. 1.Mose 27,28
Dieses Foto zeigt ein kleines Rinnsal mitten in der Wüste Negev, wo unsere Losung seinen Ursprung hat. Eigentlich ein archaischer Segensspruch für die Übergabe des Erbes an den erstgeborenen Sohn, wir finden ihn nur in der Erzählung von Isaak (dem zweiten «Urvater», Sohn Abrahams) und seinen zwei Söhnen Jakob und Esau.
Ausgesprochen wurden diese wunderschön poetischen, uralten Worte vielleicht am Rande dieser Wüste im Süden Israels, vielleicht auch mittendrin, in der Nähe einer solchen Quelle, von denen nur ganz wenige das ganze Jahr über sprudeln und deren Wasser in der heissen Zeit sofort verdunstet. Im Negev wäre der Boden zwar fruchtbar, Regen wird aber immer als kostbaren Segen Gottes erfahren: Seine Bewohner haben gelernt, jeden Tropfen zu schätzen und mit raffinierten und aufwändigen Systemen zu speichern, damit sie überhaupt etwas Korn und Wein anbauen und ihre Tiere auch im trockenen Sommer tränken können.
Ein Gegenpol zur Schweizer Bergwelt, wo es zwar nicht fehlt am feuchten Element, dafür Erde und Tiere sorgsam gehegt und gepflegt werden müssen, damit das Leben auch auf kargen Wiesen und im kalten Winter nicht in Gefahr gerät.
Da und dort haben seit Urzeiten Menschen gelebt, die voller Ehrfurcht mit der Natur umzugehen wussten, dankbar für alles, was sie ihnen schenkt. Da können wir heute viel von ihnen lernen, vor allem aber möge sich doch auch in uns das Bewusstsein verankern, dass unsere wunderbare Welt eine Gabe jenes Gottes ist, der uns begleiten und behüten will, von uns aber auch erwartet, achtsam mit seiner Schöpfung umzugehen, damit sie auch zukünftigen Generationen Freude bereiten kann!
Pfarrer Urs Jäger (Bild: Urs Jäger)
Monatslosung Mai Download
Weigere dich nicht, dem Gutes zu tun, der ein Anrecht darauf hat, wenn es in deiner Macht steht, es zu tun. Spr 3,27 (ZUB)
Weigern wir uns manchmal, Gutes zu tun? Oder ist es eher ein «Nicht-Wollen-Können» als ein «Weigern»? Was hindert uns daran, Gutes zu tun – oder warum fehlt uns zuweilen die Motivation dazu? Worin bestehen Macht und Ohnmacht helfen zu können?
Oft möchten wir helfen, können es aber nicht. Manchmal könnten wir helfen, und wollen es aber nicht. Schliesslich ist es auch nicht immer einfach, zu wollen: Manchmal fehlt uns schlicht der «gute Wille», auch wenn wir wüssten, dass es besser wäre, anders zu wollen. In solch einem Fall ist das ethische Wissen, das Wissen, was gut wäre, nur im Kopf zugegen – nicht aber im Herz gelandet.
Was uns motiviert und antreibt, in uns den Willen zu einer guten Handlung auslöst, sind Gefühle, wie Verbundenheit, Mitleid, wertschätzende Zuneigung usw. Wissen wir um das moralisch Richtige, ist das zwar ein guter Anfang. Dennoch kann uns trotz Wissen, wie gutes Handeln aussehen würde, der Wille dazu fehlen, wenn uns dafür das Mitgefühl fehlt oder der Zorn im Wege steht.
Deshalb sind nach David Hume (1711–1776), einem englischen Philosophen, Gefühle der wichtigste Faktor, um uns zu moralischem Handeln zu motivieren. Sprich, wenn wir durch Mitgefühl, Sorge oder Begeisterung von etwas berührt sind, schafft dies einen viel grösseren Willenschub, als das blosse Wissen um das moralisch Gute. Von solchen Gefühlen begleitet, ist moralisches Wissen im Herz angekommen.
Und wie steht es mit der angesprochenen Macht, Gutes zu tun? Freilich können wir oft nicht so viel Gutes tun, wie es nötig wäre. Unser Einfluss, unsere soziale und ökonomische Stellung lassen nur einen Teil der notwendigen Hilfeleistung zu. Darin besteht unsere Ohnmacht, nicht helfen zu können.
Doch «Gutes tun» kann neben hilfreichen Handlungen, auch in einer Grundhaltung bestehen. Einer Haltung, die wir kultivieren und die uns als verinnerlichtes Ziel – wie ein Gebet um Nächstenliebe – ständig begleiten kann. In den Zeiten, in denen uns diese Gesinnung gelingt, begegnen wir der Welt und den Menschen auf eine Weise, die Gutes bewirkt. Wir können uns für diese Haltung entscheiden. Das liegt in unserer Macht.
Und die Gesinnung bildet auch eine Brücke, um vom Wissen, was moralisch gut ist, zum damit verbundenen Gefühl zu gelangen: Denn aus einer menschenfreundlichen Grundhaltung wachsen mit der Zeit auch da positive Gefühle, wo wir Solidarität noch nötig haben. Gefühle, die uns wiederum zu guten Handlungen motivieren.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website (Bild: 123RF)
Monatslosung April Download
Denn der Messias ist gestorben und lebendig geworden, damit sich Gottes Macht über Tote und Lebende erweise. Röm 14,9 (BigS)
Die Losung aus dem Römerbrief nimmt eine tiefe Sehnsucht des Menschen auf: weder dem Tod noch dem Leben sinnlos ausgeliefert zu sein. Zum Gefühl der Sinnlosigkeit gesellt sich die Angst, darin allein zu sein. Auf diese Wunde unserer Verletzlichkeit legt Paulus in Röm 14,7-14,8 drei heilende Sätze: «Niemand von uns lebt für sich selbst, niemand stirbt für sich selbst. Leben wir, so gehört unser Leben dem Lebendigen. Sterben wir, so gehört unser Sterben dem Lebendigen. Ob wir leben oder sterben, wir gehören zum Lebendigen».
Hier werden Tod und Verlassenheit eingebettet in etwas, das uns trägt, in eine Liebe, eine Gemeinsamkeit, in der wir verbunden sind. Allein und ausgestossen zu sein, konnte für Menschen dieser Zeit den Tod bedeuten. Auch heute kann sich Einsamkeit als Nähe zu einem tödlichen Abgrund anfühlen – und Sterben wie der Inbegriff von Einsamkeit und Verloren-Sein, wenn wir uns nicht von etwas getragen fühlen, das über den Tod hinausragt.
Demgegenüber wirkt das Vertrauen, dass wir weder für uns selbst leben noch sterben, sondern in beidem von Gott getragen sind, wie ein Licht. In verzweifelten Stunden kann es uns den Weg erhellen und erwärmen. Ein solches Licht der Geborgenheit und das Getragen-Sein in Liebe, wünsche ich uns allen.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website (Bild: 123RF)
Monatslosung März Download
Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Röm 8,35 (E)
Wenn wir die Monatslosung aus dem Römerbrief lesen, wird uns vielleicht eine Lawine von Einfällen bestürmen, mit einer ellenlangen Aufzählung, was uns alles scheiden und in Streit bringen kann: Krieg, Hunger, Nöte, Interessens- und Wertekonflikte, Differenzen in Politik, Religion usw. So gedacht, gibt es mehr, was uns trennt, als was uns eint.
Doch ist hier nicht von einer anderen Art der Verbundenheit und Liebe die Rede, als wir es von der alltäglichen Verwendung dieser Begriffe gewohnt sind? Könnte es eine Form der Liebe und der Nähe geben, die nie verloren geht? Und ist das überhaupt wünschenswert? Ich glaube, die Losung will auf etwas hinweisen, was Menschen zutiefst verbindet, auch dann, wenn wenig oder sogar nichts dafür zu sprechen scheint. Ein Bild dafür wäre das still und friedlich ruhende Wasser in den tiefsten Stellen eines Meeres, auf dessen Oberfläche sich dennoch stürmische Wellen auftürmen.
Liebe in diesem erweiterten Sinn ist nicht auf Emotionen der Anziehung, Sympathien oder auf Gleichgesinntheit beschränkt. Das griechische und neutestamentliche Wort Agape, verweist auf eine derartig fundamentale, tiefste Form von Liebe, dessen Quelle die absolute Liebe Gottes ist. Im Römerbrief (8,38-8,39) wird das so umschrieben: «Denn ich bin mir gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Hohes noch Tiefes noch irgendein anderes Geschöpf vermag uns zu scheiden von der Liebe Gottes […]».
So verstanden ist Liebe eine unverzichtbare Grundlage für ein Zusammenleben in Frieden und Würde, eine gegenseitige, fundamentale Achtung von etwas, das uns als Leben im Tiefsten verbindet. Liebe wäre somit eine Haltung – und insofern auch eine Entscheidung. Sie speist sich aus einer unerschöpflichen Quelle.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website (Bild: 123RF)
Monatslosung Februar Download
Da sprach Sara: Ein Lachen hat mir Gott bereitet. Jeder, der davon hört, wird meinetwegen lachen. Gen 21,6 (ZUB)
Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Sara und Abraham und ihrer anfänglichen Kinderlosigkeit, welche sich quälende 13 Jahre hingezogen habe. Im Altertum stellte dies ein sehr schweres Los dar. Dennoch witzelt Sarah, bei der ersten Ankündigung, dass sie trotz ihres hohen Alters noch ein Kind bekommen soll, leise vor sich hin: «Und Sara lachte bei sich: Nun da ich verbraucht bin, soll ich noch Liebeslust empfinden [...]». (Gen 18,12) Auch Abraham lachte, und warf sich auf den Boden, als er hörte, dass von ihm und seiner Frau Sarah, durch den Stammhalter Isaak, einst Könige und Völker abstammen würden (Gen 17,17). So verbindet Abraham, auf eine ungewohnte Weise, eine Geste des Humors mit einer Gebärde der Ehrfurcht.
Dieses paradox anmutende Bild wirft ein Thema auf, welches nicht nur spannend, sondern auch spannungsgeladen ist. Wie verhalten sich Fröhlichkeit, Religion und Glaube zueinander? Wie viel Humor vertragen Glaube und Religion? Hat Lachen zwischen, oder sogar mitten im Andachtsvollen und Besinnlichen, einen Platz oder stört es?
Meines Erachtens haben Religion und Glauben zu Unrecht einen gewissen Ruf, gegen Lebendigkeit, Fröhlichkeit und Humor zu sein. Allein die hier erwähnten Stellen, geben dem Lachen seinen berechtigten Platz; in Gen 17,17 sogar mitten im Andachtsvollen: «Da fiel Abraham nieder auf sein Angesicht und lachte». Eine besondere Pointe dabei ist, dass der Name Isaak eine Kurzform von Jizchaq-El darstellt, was man mit «Gott lachte/lächelte» oder auch «Gott hat zum Lachen gebracht» übersetzen kann.
Witzigkeit und Frohsinn zeigen sich jedoch mitunter als etwas Triviales, Oberflächliches oder sogar etwas Würdeloses. Kommt vielleicht aus dieser Erfahrung das Gefühl, dass Humor nicht zur Religion, Besinnung und Tiefgründigkeit passt? Aber stimmt das? Freilich gibt es alberne, platte und unanständige Witze. Doch nach Duden ist Humor auch die Fähigkeit, den Unzulänglichkeiten von Menschen und der Welt, sowie den Schwierigkeiten und Missgeschicken des Alltags mit heiterer Gelassenheit zu begegnen.
Humor ist nicht per se schlecht. Alles hängt von der Qualität des Humors oder des Lachens ab. Zu dieser Qualität gehört auch die Wahl des Zeitpunktes und des Kontextes, in welchem wir einen Witz über etwas machen. Im Kohelet, einem so genannten Buch der Weisheit aus dem Alten Testament, finden wir dazu zwei prägnante Verse. So lesen wir in Kohelet 3,1: «Für alles gibt es eine Stunde, und Zeit gibt es für jedes Vorhaben unter dem Himmel». Dann folgt der Bezug auf ernste und freudige Momente unseres Lebens: «Zeit zum Weinen und Zeit zum Lachen, Zeit des Klagens und Zeit des Tanzens» (Kohelet 3,4) – will heissen: Weinen und Lachen haben ihre berechtigte Zeit im Leben.
Ist die Zeit des Lachens angebracht, kann dies äusserst heilsam wirken. Eine Stärke am Humor liegt nämlich darin, dass wir mit ihm Abstand von uns selbst und unseren Ansichten erlangen können. Wir nehmen uns selber nicht mehr so überaus wichtig! Deshalb kann Humor nicht nur deeskalierend und entspannend wirken, sondern er hilft uns auch, unsere Sturheit, Überheblichkeit und Arroganz zu überwinden. Beides scheint mir sowohl in unserem profanen Alltag als auch in religiösen Belangen von zentraler Wichtigkeit zu sein.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Januar 2023: Jahreslosung Download
Du bist ein Gott, der mich sieht. Gen 16,13 (L)
Die Jahreslosung 2023 erinnert mich an die Dialogphilosophie von Martin Buber und Franz Rosenzweig. Bei letzterem ist Liebe eine Form der Mitteilung Gottes, durch die der zuhörende Mensch angesprochen ist. Angesprochen sein bedeutet immer auch gesehen werden. So kann Hagar in Gen 16,13 feststellen: «Du bist El Roï», was soviel bedeutet wie «Du bist ein Gott des Sehens, des Hinschauens».
Wir werden gesehen! Und wenn wir uns gesehen wissen, fühlen wir uns in Beziehung und von Liebe getragen. Diese fundamentale Bezogenheit, die mit Liebe einhergeht, findet sich auch im Denken von Martin Buber. Bei ihm ist die Liebe im Dazwischen von Ich und Du zu verorten, weil deren Wesen nicht etwas ist, was man «hat», wie z.B. eine gewöhnliche Gefühlsregung.
Liebe und unverstellte Begegnung von Mensch zu Mensch sind etwas, das «geschieht», sie sind kein Besitz. Unverhüllt vom statischen Haben ist Liebe unmittelbar, lebendig, ohne Zweck, ohne Gier und Vorurteile. Und wenn Liebe kein Besitz ist, geschieht sie im Dazwischen: nicht in ich-bezogenen Gefühlsregungen, nicht in du-bezogenen Idealisierungen, sondern in einem Raum, jenseits von Vorlieben und Verfügungswünschen.
Die so veredelten Beziehungen «zum Du», zu unserem Gegenüber, könnte man mit Buber gleichsam als «Durchblick» zum «ewigen Du» umschreiben. Also zu demjenigen Gegenüber, welches wir Gott nennen. Ein von Liebe durchdrungener und getragener Beziehungsraum mündet demnach im «ewigen Du» und vergoldet unsere Begegnungen. Dann können wir mit Hagar feststellen, dass wir von Gott, vom «ewigen Du», gesehen werden, und dass wir von dessen Liebe angesprochen werden.
So wünsche ich uns allen im Neuen Jahr ein hörendes Herz, welches wie in Gen 16,13 weiss, dass wir in Liebe angesprochen sind. Mögen daraus vergoldete Begegnungen erwachsen.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Dezember Download
Dann wird der Wolf beim Lamm als Flüchtling unterkommen, und der Leopard wird beim Böckchen lagern; Kalb, Junglöwe und Mastvieh leben zusammen, ein kleines Kind treibt sie. Jes 11,6 (BigS)
Dieses mythische Bild aus dem Buch Jesaja, drückt eine tiefe menschliche Sehnsucht aus: Wölfe und Lämmer liegen beieinander, Kälber und Löwen fressen gemeinsam und friedlich Gras. Und selbst ein kleiner Junge vermag es, diese nach unserer Vorstellung ziemlich unberechenbare Herde zu leiten. In Jes 11,7-8 wird dieser Herzenswunsch einer befriedeten und versöhnten Welt weiter ausgemalt: Kuh und Bärin weiden friedlich nebeneinander und ein Säugling spielt vergnügt und unbeschadet vor der Höhle einer Kreuzotter, das Kind klatsch sogar an das Loch, in welcher die Giftschlange lebt, doch sie bleibt weiterhin friedlich…
In Jes 11,9 wird dann auf den Kern dieser Sehnsucht verwiesen: «Nirgendwo wird man Böses oder Zerstörerisches tun [...]». Nichts mehr und niemand kann dem Menschen gefährlich werden. Auch gibt es kein Scheitern mehr mit dessen Abgründen, denn selbst Kinder und Säuglinge können ohne Anstrengung und unbeschwert alles meistern. Leiden, Scheitern, Abgründe und Gefahren lassen sich freilich nicht generell aus der Welt schaffen. Aber jenes Leiden in der Welt, welches durch Menschen verursacht ist, könnte durch einen anderen Gebrauch der Freiheit und eine konstruktivere Anwendung unseres technologischen Wissens zu einem hohen Grad vermieden werden. Denn dieses Leid wird durch Entscheidungen ausgelöst, die in Hetze, Zwietracht, Ungerechtigkeiten, Ausbeutung, Gewalt, Umweltverschmutzung enden, woraus wiederum Respektlosigkeiten, Hass, Verletzungen und Krankheiten entstehen können. So dreht sich das von Menschen verursachte Leiden im Kreis.
Diesen Zirkel, gilt es zu durchbrechen: auch wenn wir mitunter den Eindruck haben, dass wir uns von unserem Gegenüber sehr stark unterscheiden, gibt es Wege der Zusammenarbeit, des Verstehens und der Versöhnung. Angelehnt an die Bildsprache von Jesaja lässt sich festhalten, dass es auch für uns Menschen möglich wäre, in Eintracht auf demselben Acker zu ernten. Einer dieser Wege liegt darin, unsere gemeinsamen Interessen im Auge zu behalten und auf das, was uns verbindet, zu achten: Wir einigen uns darauf, dass wir dem Weizen, Dinkel und der Gerste Wasser geben und nicht den giftigen Pflanzen, die wir alle nicht essen können, auch wenn wir noch so unterschiedlich sind.
Will heissen: kein Mensch möchte leiden, ungerecht behandelt oder ausgebeutet werden. Auch wenn wir uns gerade an völlig verschiedenen Ecken des Ackers befinden, sich unsere Ackeransichten, -Werkzeuge und Arbeitsweisen massiv unterscheiden, so wollen weder wir, noch die Anderen, giftige, Schmerzen verursachende Pflanzen essen.
Diese Bild drückt für mich die Sehnsucht aus, dass uns diese einfache, und doch so schwer umzusetzende Erkenntnis tief in alle unsere Herzen geschrieben wäre. Das erinnert an eine kraftvolle Metapher im zweiten Teil von Jesaia 11,9: «[...] denn die Erde ist erfüllt mit Erkenntnis Gottes, wie die Wasser im Meer den Boden bedecken».
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung November Download
Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen! Jes 5,20 (L)
Oberflächlich betrachtet, könnte man diese Losung von Jesaia 5,20 als Aufforderung zu einem fundamentalistischen Schwarz-Weiss-Denken verstehen. Bei einem solchen Denken gibt es nur Hell oder Dunkel, Gut oder Böse, Richtig oder Falsch. Menschen, die so denken, sind jegliche Grautöne, Relativierungen oder Farbenspektren mit fliessenden Übergängen ein Dorn im Auge. Die rasterartige Schwarz-Weiss-Einteilung der Welt schafft zwar eine vordergründige, aber nur vorgetäuschte Sicherheit. Zudem schafft es Gräben, Feindschaften, Intoleranz und die totale Abwertung von allem, was nicht der eigenen Meinung entspricht.
Natürlich kann man auch zu viel verwischen und relativieren, besonders dann, wenn es um ethische Werte und Ehrlichkeit geht. Wenn das passiert, sind wir moralisch in Durchtriebenheit und Unehrlichkeit abgestürzt. So ist diese Redeweise von Jesaia wohl nicht zuletzt auf seine stark sozialkritische Haltung und auf sein endzeitliches Denken zurückzuführen. Denn kritisch über die Gesellschaft und sich selbst zu denken, bedeutet auch, die Dinge beim Namen zu nennen.
So könnte man diese Losung auch als Aufforderung verstehen, seine Stimme gegen Heuchelei, Ungerechtigkeit, Betrug und Korruption zu erheben. Denn ohne Ehrlichkeit und moralische Regeln wird unser Zusammenleben schwer, kompliziert und voller Unsicherheiten. Jedes Mal, wenn ich beispielsweise mein Fahrrad schliessen will, und dafür ein massives Geländer suchen muss, denke ich, um wie viel einfacher das Leben wäre, wenn es nur ehrliche Menschen gäbe (nur ein Kabelschloss um das Hinterrad anzubringen, genügt nicht, es braucht gegen Diebstahl diese zusätzliche Fixierung). Oder man stelle sich vor, wie viel einfacher unser Leben mit Computern wäre, gäbe es keine Spams, Phishing-Mails, Viren, Trojaner, Malware, Hackerattacken, Kartenbetrug, Spoofing, Scams etc.
Wenn wir ehrlich sind, sieht es manchmal so aus, als ob wir deswegen den Kürzeren ziehen: ich komme nach der Arbeit, in beissender Kälte zu meinem Veloparkplatz und es fehlen beide Ledergriffe am Lenker. Soll ich die Griffe beim nächsten Fahrrad nehmen? In dieser Kälte wäre das begründet, und ich habe ja nicht mit diesem Unsinn angefangen… Doch ich besinne mich eines Besseren: wenn ich diese Unehrlichkeit fortsetze, schaffe ich die Grundlage dafür, dass auch die nächste Person so denken könnte und sich diese Gemeinheit wie in einem Kreislauf weiterverbreitet. Und wenn ich, in einem schwachen Moment, doch die Griffe genommen hätte, gäbe es wenigstens noch Raum für reflexive Ehrlichkeit: ich könnte mir eingestehen, dass das eine Dummheit, ja eine Gemeinheit war. So kann Ehrlichkeit bedeuten, Unbequemes dem Bequemen vorzuziehen, aber auch, sich Schwächen einzugestehen, die an unserem Selbstwert kratzen.
Ehrlichkeit ist also die Kraft, beim Handeln in moralischen Werten und beim Denken oder Reden in der Wahrheit verankert zu bleiben, selbst dann, wenn dies Unannehmlichkeiten einbringt. Langfristig bringt Ehrlichkeit aber immer den höchsten Nutzen, sowohl für uns persönlich als auch für die Gesellschaft. Wenn wir uns selbst vertrauen, können wir mit Achtung in den Spiegel blicken. Und wenn uns Vertrauen geschenkt wird, und wir anderen vertrauen können, dann stehen unsere sozialen Beziehungen auf einem goldenen Teppich.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Oktober Download
Gross und wunderbar sind deine Werke, Herr, Gott, Herrscher über das All. Gerecht und voller Wahrheit sind deine Wege, o König der Völker. Offenbarung 15,3
Wenn wir die traurigen Nachrichten aus der Ukraine hören, so scheint vieles zunehmend aus dem Ruder gelaufen zu sein. Wir hören kaum etwas von einem geplanten Waffenstillstand oder Friedensverhandlungen. Zum schrecklichen Krieg werden immer mehr Waffen geliefert. Damit wird die Vernichtung in der Ukraine weiter in die Länge gezogen. Es ist gut spürbar, dass die wachsende Ohnmacht droht, unsere Gedanken in Gleichgültigkeit zu verwandeln. Und die Aussichten sehen weltweit nicht besonders rosig aus. So fragen viele besorgt, was wohl im Winter zusätzlich auf uns zukommt?
Wer die Bibel ein wenig kennt, der weiss, wie viele negative Entwicklungen über Jahrhunderte hinweg erlebt wurden, die dann ihre Spuren in den Schriften hinterliessen. So standen Generationen im Angesicht von Armut, Hunger und Gewalt verzweifelt vor der Frage, wo die Gerechtigkeit Gottes bleibt.
Was mich immer fasziniert, dass auch unter unmenschlichen Umständen, das Vertrauen in Gottes Anwesenheit nie ganz verschwand. Ein Rest Hoffnung konnte ununterbrochen gepflegt werden. Angefangen von Mose, aus dessen Siegeslied dieses Zitat in die Offenbarung 15,3 aufgenommen wurde, sehen wir Menschen, die der Trübsal entkommen und darauf vertrauen, dass sie mit den Anweisungen Gottes im Herzen, trotz allen Widrigkeiten alle Katastrophen überstehen.
Könnten wir heutzutage zu einem solchen Loblied anstimmen? Dieser Vers lädt uns ein, unser Leben, unsere Ziele und unsere Wege Gott anzuvertrauen, denn unser Weg mit ihm ist keine blinde Nachtwanderung. Was auch immer die Zukunft bringt, wie auch immer die nächste Wegstrecke aussehen mag, er bleibt bei uns und bringt uns ans Ziel. So kann unser Leben eine neue Dimension der Hoffnung gewinnen.
Pfarrerin Réka Jaeggi
Monatslosung September Download
Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit. Sir 1,10 (L)
Zwei Themen sind hier miteinander verknüpft: Weisheit und Liebe. Doch, ist Weisheit nicht eine Sache des Verstandes, während Liebe eine Sache des Herzens ist? Meiner Ansicht nach, kratzen solche Auffassungen über Liebe beziehungsweise Weisheit jedoch nur an der Oberfläche dieser Phänomene.
Weisheit ist nicht nur rationales Faktenwissen, sondern umfasst, neben emotionaler Reife und Erfahrungswissen, auch eine gereifte Lebenshaltung. Es ist indes schwer, unsere Haltungen mit Willenskraft oder alleine durch die Vernunft, ändern zu wollen. Auch hier spielen emotionale Erlebnisse eine zentrale Rolle. Deshalb können tief einschneidende Schicksalsschläge oder auch stark positive Ereignisse unsere Lebenshaltung gleichsam auf den Kopf stellen. Mithin hängt Weisheit auch mit emotionalen Wissensformen zusammen.
Andererseits ist Liebe nur seicht betrachtet eine rein gefühlsmässige Sache. Sie gebiert sich aus einer, von Weisheit und Einsicht flankierten emotionalen Grundhaltung. Dann spricht man von «Philanthropie», einer menschenfreundlichen Ausrichtung von Denken, Fühlen und Handeln. Eine andere, etwas aus der Mode gekommene Begrifflichkeit dafür ist die der «Barmherzigkeit», die in einer mildtätigen Haltung wurzelt. Die oben erwähnte Einsicht besteht darin, dass wir nur mit diesen Haltungen eine menschenwürdige Zukunft für uns und andere gestalten können.
Insofern ist Liebe im weitesten Sinne auch eine Entscheidung. Und sowohl die Liebe als auch die Entscheidung zu ihr, hängen mit Weisheit zusammen. Wenn diese Liebe in Gott gründet, also nicht mehr durch zufällige Vorlieben bestimmt ist, kann man mit Sir 1,10 feststellen, dass diese Form der Liebe in der «allerschönsten Weisheit» gipfelt.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung August Download
Die Bäume im Wald sollen anfangen zu singen,
weil Gott kommt, und er wird Gerechtigkeit bringen.
1.Chr 16,33 (Volx)
Dieses ausdrucksstarke Bild von singenden Bäumen aus dem 1.Chronikbuch gefällt mir. Gerechtigkeit ist ein Gut, das so wertvoll und wichtig ist, dass Bäume singen würden, hätten wir sie tatsächlich auf dieser Welt erreicht.
Freilich gibt es viele Arten der Gerechtigkeit, und es ist nicht immer einfach, sie richtig – oder eben gerecht – gegeneinander abzuwägen: ausgleichenden Gerechtigkeit, Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit, Gleichbehandlung, Teilnahmegerechtigkeit, Chancengleichheit, Verteilungsgerechtigkeit, Unparteilichkeit, etc.
Während nach der ausgleichenden Gerechtigkeit alle gleich viel erhalten sollen, erhält jemand nach der Bedarfsgerechtigkeit so viel, wie er oder sie braucht. Erstere findet z.B. Anwendung, wenn zwei Personen, die das Gleiche geleistet haben, auch gleich viel Gegenleistung erhalten. Das überschneidet sich mit der Idee der Leistungsgerechtigkeit.
Diese steht aber nicht selten im Widerspruch zur Bedarfsgerechtigkeit, denn nach ihr soll ein hungriger oder bedürftiger Mensch mehr als die Hälfte eines Brotes erhalten, besonders dann, wenn die Person, mit der geteilt wird, bereits satt ist oder wohlhabend. Bei der Leistungsgerechtigkeit stellt sich zudem die Frage, ob und wie sich die Leistung einer 20-jährigen, gesunden Person mit der Leistung einer kranken und nicht mehr ganz so jungen Person überhaupt vergleichen und gerecht abgelten lässt…
Vielleicht können wir uns, trotz all diesen Anwendungsproblemen, der Gerechtigkeit am einfachsten nähern, wenn wir uns fragen: «was würde ich als gerecht empfinden, wenn ich in der Situation dieses Menschen wäre?». Die Anwendung dieser Frage, welche die Essenz des Gleichbehandlungsgebotes bildet, kann man in der so genannten «Goldenen Regel» vieler Religionen finden. Man findet sie beispielsweise im Bahaitum, Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Konfuzianismus, Jainismus, Islam, Judentum, Sikkhismus, Zoroastrismus und so weiter.
So hat bereits im 6. Jh. v. Chr. Konfuzius ethisch gutes Verhalten nach dieser Formel beschrieben: «Was du selbst nicht wünschst, das tue auch anderen nicht an. Dann wird es keinen Zorn gegen dich geben – weder im Staat noch in deiner Familie» (Konfuzius, Gespräche 15,23). Auch in den Hadithen, das sind überlieferte Aussprüche von Mohammed, findet man in einer Vierziger-Sammlung aus dem 13. Jahrhundert, folgenden Vers: «Keiner von euch ist gläubig, solange er nicht für seinen Bruder wünscht, was er für sich selbst wünscht» (Hadith 13, aus dem Buch der vierzig Hadithe An-Nawawīs).
Auch in der Bibel, in Lukas 6,31 und Matthäus 7,12 findet man die goldene Regel. So heisst es in Mt 7,12: «Wie immer ihr wollt, dass die Leute mit euch umgehen, so geht auch mit ihnen um!». Wohl nicht umsonst, findet man diesen Gerechtigkeitsanspruch in vielen Religionen. Die goldene Regel trifft ein Kernanliegen aller Gerechtigkeitsvorstellungen: Die Gleichbehandlung und Gleichwertigkeit von Menschen. Sie hat die Kraft einen Gegenpol von Machtmissbrauch durch Privilegiertheit, ökonomischen Einfluss, soziale Gendersituation, Herkunft etc. zu bilden.
Auch wenn die goldene Regel besonders simpel, ja fast banal wirkt: es ist nicht einfach, sie in einer Welt zu verwirklichen, die von tiefen Strukturen der Ungleichheit durchzogen ist. Packen wir es an – im Namen der Menschlichkeit und Nächstenliebe!
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Juli Download
Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Psalm 42,3
Dieser Psalm mag auf viele von uns wirken wie eine alltagsfremde Aussage von fernen Welten und alten biblischen Zeiten. Durst nach Liebe, Freude, Entfaltung oder danach, in Freiheit und Frieden leben zu können, ja, das kann man sich vorstellen. Etwas ungewöhnlicher, doch immer noch nachvollziehbar, ist ein diffuses Sehnen nach Licht und Sonne, frei von Leiden und Einschränkungen zu sein, sich völlig verstanden und geliebt zu fühlen und ganz zu lieben.
Oder vielleicht kennen wir das rufende Verlangen, aus der Enge des Alltags auszubrechen und dabei eine tiefe Weite, Freiheit zu fühlen; ja das Leben so richtig zu leben und es zu spüren. Das alles sind zwar gefühlvolle Wünsche, die auch nicht alltäglich sind, aber doch solche, die wir zuweilen erleben und die womöglich schon so stark in uns brannten, dass wir uns «durstig» danach fühlten. Doch Durst nach Gott? Gehören solche Sehnsüchte nicht einfach in die Zeit der Psalmen?
Hier können wir uns aber fragen, ob sich diese Worte, die vor über 2000 Jahren entstanden sind, nicht auch auf unsere heutigen Befindlichkeiten übertragen lassen? Verweisen die eingangs erwähnten Sehnsüchte nicht ebenfalls auf Qualitäten, die wir mit Gott verbinden? Freilich können wir nie ganz mit unserem begrenzten Verstand erfassen, was dieses Geheimnis, das wir «Gott» nennen, ist. Der Verstand ist zur Weltorientierung, für das Begreifen von Sachverhalten geschaffen, die ein Anfang und ein Ende haben und deshalb begreifbar sind. Wenn Gott ohne An-fang und Ende ist, dann sind Bilder und Gedanken, die wir davon haben immer «Stückwerk».
Dennoch gibt es Analogien und Bilder, die uns helfen: Im 1. Johannesbrief 4,8 finden wir dazu einen passenden Vers: «Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe». Wenn wir die Weite, den Frieden und die lichte, innige Freude kennen, die mit einem tiefen Gefühl der Liebe in uns aufsteigt, dann können wir uns vielleicht ein Bild davon machen, was unendliche Liebe, die Liebe Gottes, bedeuten könnte.
Ist es dann nicht ganz natürlich, dass wir nach so einem unermesslichen Glück «dürsten»? Das würde den Psalm 42 in den Bereich des Verstehbaren bringen. Denn: «Die Liebe Christi drängt uns» (2 Kor 5,14).
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Juni Download
Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod. Hohelied 8,6 (L)
Welch schöne Sprachperle mit Tiefgang findet sich in dieser Monatslosung aus dem achten Kapitel des Hoheliedes! Im «Lied der Lieder», wie man das Hohelied auch nennt, und welches dem König Salomo zugeschrieben wird, finden sich viele weitere solcher Perlen und Metaphern. Es ist eine Sammlung von circa 30 Liebesliedern. In diesen wird auf eine poetische und sinnliche Weise die Liebe beschrieben. Das wurde allegorisch auf die Beziehung zwischen Gott und dessen Volk gedeutet. Deshalb fand das Hohelied auch Eingang in die Bibel. Interessant ist, dass noch im ersten nachchristlichen Jahrhundert das Lied in Wirtshäusern gesungen wurde, weil es offenbar auch wörtlich, als Liebeslied verstanden wurde.
Wie dem auch sei, die Losung aus dem Hohelied verweist auf die Kraft und Stärke der Liebe, die uns, angesichts des Todes, eine Stütze und tiefen Trost zu spenden vermag. Antoine de Saint-Exupéry hat dies in seinem bekannten Kunstmärchen «Der kleine Prinz» auf den Punkt gebracht: «Lebendige Liebe bleibt über das Leben hinaus lebendig; sie ist das einzig Lebendige, das ewig bestehen kann». Auch der Vers 7 desselben Kapitels im Hohelied bietet eine weitere Trostperle darüber, dass die Liebe über den Tod hinaus Bestand hat: «Gewaltige Wasser können die Liebe nicht löschen, und Ströme schwemmen sie nicht fort».
Auch wenn es eine Form der Liebe gibt, die vergänglich ist, so ist die Liebe an sich unvergänglich: die Liebe, die wir im Herzen tragen, lebt weiter, auch wenn eine von uns geliebte Person stirbt. Sie lebt selbst dann weiter, wenn unser eigenes physisches Herz aufhört zu schlagen.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Mai Download
Ich wünsche dir in jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit, so wie es deiner Seele wohlergeht.
3.Joh 1,2 (E)
Diese Worte aus dem Prolog des 3. Johannesbriefes drücken ein wunderbares Gefühl und wohl einen der reifsten unserer Wünsche aus: Wenn wir uns über die Freude anderer freuen, Glück über deren Glück empfinden und das wünschen, was sie sich wünschen, dann sind wir einen Moment lang mit einer Tugend beschenkt, die zugleich zum nachhaltigsten Glück gehört, das man im Leben empfinden kann.
Und dieser Wunsch bildet auch die beste Grundlage, um die so genannte «goldene Regel» aus freiem Herzen befolgen zu können. Die goldene Regel findet man nicht nur in Texten aus China und Indien, wie beispielsweise bei Konfuzius, im hinduistischen Mahabharata oder im buddhistischen Palikanon, sondern, neben Matthäus und Lukas, im bekanntesten Wortlaut auch im deuterokanonischen Tobit (4,15) des Alten Testaments: «Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu!».
Klar, wir wollen auch, dass unsere Wünsche in Erfüllung gehen, dass wir Wohlstand und Erfolg geniessen dürfen, gesund und glücklich sind. Daran ist nichts falsch. Wenn wir aber zusätzlich glücklich sind, weil andere glücklich sind, oder weil wir dazu beitragen konnten, erheben wir uns auf eine Ebene des Empfindens, welche gewissermassen so frei und weit, wie eine Vogelperspektive ist. Wenn uns das gelingt, dann erleben wir eine tiefe Freude und Dankbarkeit, die sowohl bei uns als auch im Gegenüber, wie ein Licht aufstrahlt. Dann wird die goldene Regel zu einem natürlichen Bedürfnis. Sie wird leicht. Die Motivation, anderen nicht zu schaden, kommt dann nicht aus einem erdrückenden Pflichtgefühl, sondern von einem Gefühl innerer Weite, Freiheit und Empathie.
Durch die Konzentration auf das Wohlergehen anderer erreichen wir ausserdem eine grössere Distanz zu unserem Egozentrismus. Mit diesem erweiterten Blick können wir die Unverfügbarkeit unserer Wünsche besser einsehen. Und wir können die unvermeidlichen Enttäuschungen des Lebens besser schlucken, weil wir uns in dieser Tatsache mit allen verbunden fühlen.
Die Mit-Freude macht uns nicht nur freier und weiter, sondern auch reicher und glücklicher im Herzen. So lässt sich in Momenten dieser Herzensweite mit 3. Joh treffend feststellen, dass es uns «in jeder Hinsicht wohlergeht», und das wünsche ich uns allen.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung April Download
Maria aus Magdala geht und sagt zu den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und berichtet ihnen, was er ihr gesagt hat. Joh 20,18
Diese österliche Botschaft von Joh 20,18 verweist auf etwas, was vielleicht schwer nachzuvollziehen ist. Doch es spricht eine uralte menschliche Sehnsucht und eine tief in uns verankerte Hoffnung an: den Sieg des Lebens über den Tod, der Freiheit über die Unfreiheit und einen Aufbruch aus der Dunkelheit zum Licht.
So hat das Osterfest seine Wurzeln im noch älteren jüdischen Pessach-Fest. Beide feiern eine Befreiung: im Pessachfest wird die Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei gefeiert und Ostern verheisst, dass die Ketten des Todes und des Dunkel-Destruktiven zerbrochen, die Lasten des Leidens abgelegt wurden. Zu Pessach und Ostern wird gefeiert: wir sind nicht allein!
Wenn in der Osternacht das «Lumen Christi», das Licht Christi gefeiert wird, so birgt dies das Versprechen, dass die Dunkelheit letztlich immer dem Licht weichen muss. Vielleicht lässt sich das leichter mit einer Metapher ausdrücken: das Licht ist immer stärker als der Schatten, die Dunkelheit – denn der Schatten ist abhängig vom Licht, aber das Licht strahlt auch ohne Schatten.
Diese Lichtsymbolik hat an Ostern eine grosse Bedeutung. Bereits Kaiser Konstantin liess im 4. Jahrhundert in der Osternacht, überall in seiner Residenzstadt hohe Kerzensäulen bzw. Feuerfackeln aufstellen. Nach zeitgenössischen Berichten liess dies die Stadt, in dieser «Nacht der Nächte» hell wie am Tag erstrahlen. Diese Erhellung der Nacht symbolisierte eine Befreiungsbotschaft: den Durchbruch vom Leiden zum Licht; sodass die Tränen der Dunkelheit und des Todes mit unendlicher Liebe und Licht aus jedem Gesicht gewischt werden – denn wir sind nicht allein!
Von Herzen wünsche ich uns allen, dass wir, wenn auch manchmal verschüttet, so doch ganz tief in uns wissen, dass das Licht jede Finsternis verdrängt, die Freiheit über die Unfreiheit wächst und dass es nie vergebens ist, für eine Welt zu arbeiten, in der die Liebe stärker ist als der Hass.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung März Download
Von Gebet und Fürbitte lasst nicht ab: Betet allezeit im Geist und dazu seid wach! Eph 6,18
Geht es Ihnen beim Beten manchmal auch so, dass Sie sich fragen: «nützt das überhaupt etwas, hilft das wirklich und wird das tatsächlich gehört»? Mir jedenfalls geht es zuweilen so. Doch ich glaube, dass es beim Beten nicht primär darum geht, dass unsere Wünsche in Erfüllung gehen. Das käme ja der Absicht gleich, Gott gefügig zu machen. Im Extremfall käme eine derartige Gebetsabsicht schon fast einen «Befehl» nahe. Für die positive Wirkung von Gebeten, ist es deshalb entscheidend, mit welcher inneren Haltung wir in ein Gebet gehen.
Gebete können nämlich auch dazu dienen, eine Verbindung, beispielsweise in Form eines Zwiegesprächs, mit Gott aufzubauen. Dann geht es beim Beten, nicht in erster Linie darum, dass sich etwas in der (äusseren) Welt ändert, sondern eher darum, dass wir unser Inneres, unser Herz und Geist gegenüber dem Transzendenten öffnen.
So betrachtet, gibt es grundsätzlich zwei Arten von Gebetshaltungen:
- Ein Beten, mit dem wir erreichen wollen, dass ein bestimmter Umstand in der Welt bleibt oder dass dieser sich ändert.
- Ein Beten, von welchem wir erhoffen, dass es uns selbst ändert: beispielsweise unser Vertrauen, unsere Geduld oder auch unsere Beziehung zu Gott.
Doch wenn wir um das Freiwerden von Furcht und Verzweiflung, um Vertrauen, Lebensfreude oder um ein Gefühl des Verbundenseins mit Gott bitten, bedeutet das, im weitesten Sinne nicht auch, dass wir mit unserem Gebet etwas erreichen wollen? Geht es uns dann nicht genauso darum, dass ein Wunsch in Erfüllung geht? In diesem Falle einfach der Wunsch, dass sich unser innerer Zustand ändert. So gesehen, ist Beten wohl immer eine Mischform der beiden Arten.
Die Stärke am Beten liegt meines Erachtens darin, dass sich mit ihm eine zweifältige Öffnung vollziehen kann: durch den emotionalen Ton des Flehens und Bittens wird unser Herz geöffnet; durch den Inhalt und die Wiederholungen eines Gebetes, kann sich unser Geist konzentrieren und dabei ruhig werden, was ihn ebenfalls empfänglich macht.
Hier in der Losung werden die Öffnung und die damit verbundene Wachheit des Geistes durch das Beten angesprochen. Wenn unser Geist offen ist, dann ist er auch wach. Wozu soll das überhaupt gut sein? Grübeleien, negatives Denken, Ängste, Zorn, Misstrauen und Sorgen können uns von Gott, und ganz besonders von unseren Mitmenschen abkapseln. Wenn unser Geist durch das Gebet aber stiller und klarer geworden ist, dann ist er auch weniger von derartigen gedanklichen Wolken verdunkelt. Das macht ihn, gegenüber Umwelt und Menschen offener und liebevoller. Beten, und dabei wach bleiben, hilft uns so, aufeinander und auf uns selbst Acht zu geben und uns gleichsam mit «Gottes Wellenlänge» zu synchronisieren.
So betrachtet, können wir mit einem innigen Gebet zugleich die Welt und uns selbst ändern.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Februar Download
Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen. Eph 4,26 (L)
Zorn gibt uns zwar das Gefühl der Vitalität und der Stärke. In ihm haben wir meistens den Eindruck, dass wir auf der rechten Seite stehen und für etwas Gutes kämpfen, uns für Gerechtigkeit einsetzen. Fakt ist aber auch, dass im Zorn sehr viel Geschirr zerschlagen wird, sich Gewalt verbreitet, Spaltung und Leid geschaffen wird.
Paradoxerweise können, wenn Menschen in Zorneseifer sich gegen Ungerechtigkeiten wehren, gerade durch ihn, neue Ungerechtigkeiten entstehen. Dies gilt es bei unseren selbstgerechten Verurteilungen der Verfehlungen anderer zu bedenken.
Genauso, wie die Sonne über allen Menschen, mit all ihren Fehlern aufgeht (Mt 5,45), tun wir gut daran, ein solches Bild bedingungsloser Liebe zu verinnerlichen. Auch unter schwierigen und konfliktgeladenen Umständen können wir wenigstens versuchen, einen Funken dieses Lichtes zu bewahren.
Zugegeben: das ist alles andere als leicht. Doch erst dann wird es möglich sein, in geistiger Klarheit für Gerechtigkeit zu sorgen, ohne dass wir noch mehr Geschirr zerschlagen, als schon durch Wut und Zorn zerbrochen sind. So kann es zwischen uns hell bleiben, auch wenn wir Fehler machen; und die Sonne geht dann nicht «über unserem Zorn unter».
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Januar Download
Christus spricht: Kommt, und ihr werdet sehen! Joh 1,39
Es scheint eine Banalität zu sein: um etwas richtig zu sehen, müssen wir uns nur nähern und schon erkennen wir es. Doch vieles sehen wir eben nicht, weil wir es uns in unserer eigenen Blase, das heisst, unseren eigenen Denkmustern, bequem eingerichtet haben. Was diesen Mustern Nahrung und Kraft gibt, sind nicht zuletzt emotional bedingte Haltungen, die schwer zu beeinflussen sind. Unser Umfeld, welches wir meistens so wählen, dass wir mit möglichst wenig Widerspruch konfrontiert sind, macht diese Blase noch undurchlässiger.
So sind nicht nur blind für vieles, weil wir zu weit weg sind, sondern weil wir uns geistig und emotional von bestimmten Sachverhalten und Menschen entfernt haben. Wenn uns etwas nicht direkt betrifft, oder wir glauben, dass es uns nichts angeht, machen wir uns auch weniger Gedanken darüber. Auch dann steht eine geistige Mauer zwischen uns und bestimmten Menschen, Anliegen oder Themen.
Besonders träge und trübe können unsere emotionalen Mauern sein. Sie geben uns manchmal keine Chance, Vorurteile abzubauen und so durch unsere selbstgemachte Welt-Blase hindurchzusehen. Denn oft ist diese nicht nur eigenbezogen, sondern auch emotional gefärbt durch Erwartungshaltungen, Zuschreibungen, Misstrauen und Befürchtungen.
Die emotionale Färbung unserer Blase kann sogar so stark sein, dass unser Verhalten derart von ihr geprägt ist, dass sie sich bewahrheiten wird: wir gehen beispielsweise mit einer derart negativen Haltung auf jemanden zu, dass diese Person gar nicht anders kann, als gereizt auf uns zu reagieren. Man nennt das «self fulfilling prophecy», auf Deutsch: «selbst-erfüllende Prophezeiungen». Und wenn jemand eine solche Übereinstimmung von Erwartung und Realität erlebt, wird sich die Färbung noch tiefer in Gefühl und Verstand einprägen.
Wie können wir uns von diesem Zirkel befreien? Vielleicht, indem wir uns, der Losung entsprechend, durch die Blase hindurchbewegen und Nähe und Verständnis schaffen: «Kommt, und ihr werdet sehen!».Was unsere Blasen aufzusprengen vermag und Distanz vermindert, ist eine Haltung, die von Mitgefühl getragen ist. Empathie kann unsere selbsterschaffene Welt-Blase durchbrechen und wirkliche Begegnung ermöglichen. Dann sehen wir auch besser, wem wir überhaupt begegnen.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Dezember Download
Juble und freue dich, Tochter Zion, denn sieh, ich komme und wohne in deiner Mitte! Spruch des Herrn. Sach 2,14
Die Losung macht ein Versprechen, das eine unserer tiefsten Sehnsüchte trifft. Wer von uns will sich schon nicht freuen und dabei unbeschwerte Freudensprünge machen. Doch angesichts der wechselnden Wogen des Lebens, die immer wieder auch hart auf uns prallen, fühlen wir uns zuweilen alles andere als bereit zum «Jubeln».
Es ist nicht einfach, allgemein festzumachen, woran es eigentlich liegt, wenn wir uns freuen. Sicher spielt die Übereinstimmung unserer Lebenswünsche mit den Tatsachen, die auf uns treffen eine grosse Rolle. Aber es ist auch so, dass wir nach anfänglichen Enttäuschungen oder Schicksalsschlägen, von denen wir glaubten, dass wir nach ihnen nie mehr glücklich werden können, eben nicht selten wieder den Weg aus dem Unglücklich-Sein finden.
So kann es vorkommen, dass wir uns unvermittelt dabei ertappen, dass wir in einer Lage glücklich sind, vor der wir einmal glaubten, dass wir mit ihr nie zurechtkämen. Vielleicht konnten wir unsere Erwartungen revidieren oder es zeigten sich neue Umstände, die uns verblüffenderweise genauso glücklich machen, wie jene, vermeintlich unverzichtbaren, die entschwunden sind. Manchmal sind wir dann überrascht, dass wir so eng an etwas festhalten konnten und dabei glaubten, dass es wirklich keine andere Form des Glücklichseins gibt.
Inmitten dieses Prozesses, wenn das Alte, woran sich unser Herz kettete, nicht mehr da ist, aber das Neue noch nicht entstanden ist, braucht es Vertrauen: Gewissermassen ein Vorschussvertrauen, dass es das Leben gut mit uns meint, und dass sich unser Lebensglück in einer anderen Weise zeigen könnte, die wir uns vielleicht noch nicht einmal vorstellen können.
Hier setzt das ein, was ich «Gottvertrauen» nenne und worauf unsere Losung verweisen will: «sieh, ich komme und wohne in deiner Mitte!». Wenn das nicht einfach leere Worte für uns sind, und wir das im tiefsten unseres Herzens wissen, dann sind wir mit einem Vertrauen beschenkt, dass ich uns allen wünsche.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung November Download
Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und die Geduld Christi. 2 Thess 3,5 (ZUB)
Haben wir Geduld, so sind wir mit einer Tugend beschenkt, die zum Wertvollsten überhaupt gehört. Geduld heisst für mich: Dinge und Menschen so sein lassen, wie sie sind und trotz Meinungsverschiedenheiten, Spannungen und Irritationen eine positive, friedliche Haltung zu bewahren.
Das heisst natürlich nicht, dass wir nicht konstruktive Kritik anwenden können – im Gegenteil: mit Geduld sind wir fähig, Umstände so anzugehen und unser Gegenüber so anzusprechen, dass sich erst die angestrebte Veränderung auf eine gesunde Weise entwickeln kann.
Mit Ungeduld hingegen machen wir alles nur schlimmer. Ungeduld heisst, mit dem, was jetzt ist, in einem Konflikt zu liegen. Freilich kann unsere Abneigung gegen etwas berechtigt sein. Abneigung kann auch die nötige Energie generieren, um für eine Veränderung genug motiviert zu sein. Doch diese Energie haben wir nicht bloss dann zur Verfügung, wenn uns etwas stört und wir uns deshalb aufregen.
Nein, wir gewinnen auch Energie- und Motivation, wenn wir lösungsorientiert nach vorne und auf die Zukunft schauen, statt nur auf das Jetzt oder das Gestern mit Widerwillen zu starren. Unsere Motivationskraft ist dann mindestens so stark, wie wenn sie durch eine Abneigung entsteht. Aber sie ist vor allem weniger von Bitterkeit und Aggression geprägt.
Geduld heisst also immer auch: den Moment, so wie er ist, erst einmal anzunehmen und dann, auf dieser versöhnlichen Grundlage, die Zukunft, so wie wir sie wünschen, anzugehen. Mit dieser Kraft der Versöhnung, schaffen wir es auch besser, Menschen so sein zu lassen, wie sie sich im Moment gerade zeigen.
Und genau aus diesem Grund bildet die Geduld einen fundamentalen Pfeiler für die Liebe. Diese Kraft der Versöhnung wünsche ich uns allen.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Oktober Download
Lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken. Hebr 10,24
Unsere Losung aus dem Hebräerbrief ermahnt uns mit Fug und Recht an zwei zentrale Pfeiler eines gelungenen Zusammenlebens: aufeinander Acht geben und sich gegenseitig in konstruktiver Weise anspornen.
Die Substanz des ersten Pfeilers besteht aus unserer Achtsamkeit im zwischenmenschlichen Umgang. Einem Menschen achtsam zu begegnen, bedeutet gleichzeitig, dass wir Achtung vor diesem haben. So werden unsere Begegnung Respektvoll.
Wenn wir aufeinander acht geben, haben wir die Augen weit offen und gehen umsichtig miteinander um. Weit geöffnete Augen sind nicht dasselbe, wie ein fixierter, strenger Blick: Wenn wir, neben dem umsichtigen Blick durch unseren Verstand, auch mit dem Herzen auf unser Gegenüber schauen, ist unsere Sicht durch Nachsicht geprägt. Denn manchmal ist es auch ratsam, ein Auge zuzudrücken, den «Fünfer grad sein» zu lassen. Nicht zuletzt sind Begegnungen, die auf einem Herzensblick beruhen, behutsame Begegnungen.
Das Achtgeben, zu welchem uns der Hebräerbrief rät, besteht demnach aus vier Teilen: Respekt, Umsicht, Nachsicht und Behutsamkeit. Wenn wir es schaffen, uns in diesen vier Haltungen zu begegnen, dann spornen wir uns ganz natürlich und ohne den moralischen Zeigefinger zu heben, zur Liebe und zu guten Werken an. Und damit haben wir zugleich den zweiten Pfeiler eines gelungenen Zusammenlebens erbaut.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung September Download
Ihr habt reichlich gesät und wenig eingebracht, ihr habt zu essen und werdet nicht satt, zu trinken, und euren Durst könnt ihr nicht löschen, anzuziehen, und keinem wird warm. Und wer Lohn verdient, legt den Lohn in einen durchlöcherten Beutel. Hag 1,6
Wenn wir hören, dass das «letzte Hemd keine Taschen hat», so mag das wie eine Binsenwahrheit, eine Banalität klingen. Dennoch ist es schwer – und vielleicht auch nicht klug – Geld als etwas völlig Unwichtiges zu sehen und nie einen Batzen auf die Seite zu legen. Denn schliesslich gibt es ja, so hoffen wir zurecht, noch eine Zeit «vor dem letzten Hemd». Und wenn wir den Wert von Besitz und Geld, angesichts des Todes völlig aberkennen, unterliegen wir einem wohlstandsgeprägten Trugschluss: Mit unserem Wohlstandsblick verkennen wir, was es heisst, wirklich nichts zu haben.
Geld allein macht sicher nicht glücklich, das ist tatsächlich eine Binsenwahrheit. Aber Geld kann ziemlich viel Unglück verhindern. Denn Ressourcen, wie ein Dach über dem Kopf, Essen und eine medizinische Versorgung sind heutzutage ohne Geld kaum vorstellbar. Und selbst in einer Tauschgesellschaft wäre ein Minimum an Tauschmitteln, also irgendein Besitz, die Bedingung eines würdevollen Lebens. Insofern ist weder Geld noch Besitz ein Problem, wenn unser Umgang damit stimmt.
Nichtsdestotrotz kann ich der Losung etwas abgewinnen, wenn ich sie folgendermassen interpretiere: Aller Besitz, den wir uns aneignen, kann unser Herz letztlich nicht ernähren, den Durst unserer Seele nach Glück nicht löschen. Darauf weist das Bild des «durchlöcherten Beutels» unserer Losung. Wenn wir auch noch so viel kaufen, noch so viel sparen und besitzen, es fällt alles durch diesen Beutel.
Die Tatsache, dass wir uns an einen bestimmten Status Quo sehr schnell gewöhnen und dieser selbstverständlich wird, bildet das Loch jenes Beutels. Das ist auch der Grund dafür, dass Güter, nie eine echte, langandauernde Freude bereiten kann. Kaum haben wir etwas gekauft, so fällt es durch den «durchlöcherten Beutel der Selbstverständlichkeit» und unsere Freude ist dahin.
Der Hunger unseres Herzens nach Freude oder der Durst der Seele nach Frieden und Glück kann letztlich nur durch etwas gestillt werden, was nicht durch den «durchlöcherten Beutel» fallen kann: das heisst, etwas das kein Gegenstand oder Besitz ist. Was das für uns sein könnte, wird wohl jeder Mensch etwas anders und mit einer eigenen Ausdrucksweise formulieren. Dennoch glaube ich, dass es sich für uns alle lohnt, darüber nachzudenken.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung August Download
Neige, Herr, dein Ohr und höre! Öffne, Herr, deine Augen und sieh! 2 Kön 19,16
Wir wollen gehört und gesehen werden; Aufmerksamkeit von denen, die uns wichtig sind. Umso mehr, in einer aussichtslosen Situation, wie derjenigen von König Chiskijahu, die im Kapitel 19, im 2. Buch der Könige geschildert wird.
Liebevolle und ungeteilte Aufmerksamkeit ist bereits die Hälfte der Lösung eines Problems. Zeigen sich uns, inmitten einer Besorgnis, offene Ohren oder Augen, ist das für uns eine Lichtung im finsteren Wald: im Nu wird uns klar, dass wir die drückende Sorgenlast nicht alleine tragen, sondern uns jemand hilft, das Problem zu stemmen und zu meistern. Deshalb ist es von unschätzbarem Wert, wenn wir den Menschen um uns herum immer das Gefühl geben, dass unser Ohr für ihr Herz stets offen ist.
Doch nicht immer haben wir das Glück, Menschen um uns zu haben, die das können und wollen. Zum Leben gehören auch Einsamkeit oder die schmerzende Begegnung mit Ohren, die nichts hören oder nichts hören wollen. Unsere Losung verweist aber auf eine weitere Dimension offener Ohren und Augen. Hier geht es um eine Aufmerksamkeit, die auch die schwersten Bürden abnehmen kann. So geht auch Chiskijahu in den Tempel und breitet seine Sorgen aus (2 Kön 19,14-19), um sie mit Gott zu teilen. Das Ohr, das hier auf ihn wartet, ist unendlich geöffnet.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir Augen, Ohren und Herz zu öffnen vermögen und dass auch wir in ein Umfeld gebettet sind, welches uns hilft, die Unwägbarkeiten des Lebens zu tragen; und nicht zuletzt: dass wir den Zugang zu einem Ohr finden, welches immer für uns offen ist.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Juli Download
Gott ist nicht ferne von einem jeden von uns, denn in ihm leben, weben und sind wir. Apg 17,27
Diese geradezu poetischen Worte aus der Apostelgeschichte werden einer Rede von Paulus, auf dem Areopag in Athen zugeschrieben. Sie weisen auf ein Gottesbild, das von Nähe und Verwobenheit durchdrungen ist. Zugleich räumt Paulus mit allzu konkreten, allzu menschlichen Vorstellungen auf: Im gleichen Kapitel, im Vers 24 führt er aus, dass Gott «nicht in Tempeln, die von Menschenhand gemacht sind», wohne. Und im Vers 29 stellt er fest, dass wir nicht denken sollen, «das Göttliche sei vergleichbar mit etwas aus Gold oder Silber oder Stein, einem Gebilde menschlicher Kunst und Erfindungsgabe».
Heutzutage mag man sich wundern, dass man es je für möglich hielt, dass ausgerechnet das Absolute oder der Urgrund von allem, in einem Gegenstand «wohnen» könnte. Doch sind wir wirklich so gefeit davor, unsere Vorstellung über das Göttliche, an Gegenständen, Bildern und Dingen festzumachen? Und sind Konzepte und innere Bilder, in einem gewissen Sinne nicht auch «Dinge»? Nämlich insofern, dass auch sie, allzu menschlich, allzu begrenzt und vergänglich sind?
Meine Erfahrung bei diesem Thema ist: je enger und fixer das Bild ist, welches wir von Gott haben, desto weiter scheint sich das Göttliche zu entfernen. Befragt man Atheisten nach der Vorstellung, welche sie denn genau über das haben, was sie «Gott» nennen, so staune ich immer wieder darüber, von welch engen, nicht selten auch kindlichen Gottesbildern sie ausgehen. Mein Einwand ist dann immer: mit solch einer Konzeption über Gott, kann man ja gar nicht anders, als zum Atheisten werden. Ein ähnliches Problem, nur mit umgekehrten Vorzeichen, glaube ich, in fundamentalistischen Positionen zu beobachten: die starre, eiserne Gedankenkonstruktion vergrössert, einer Panzertüre ähnlich, die Distanz zu den Mitmenschen und zu Gott. Man ist dann, gewissermassen nur noch seiner eigenen Konzeption nahe. Doch wer sagt, dass die Bilder, welche wir uns – nicht selten auch durch ungenügend tiefgreifende Beschäftigung mit dem Thema – im Laufe unsers Lebens gebildet haben, der Weisheit letzter Schluss sind?
Hier verweisen Losung und umgebende Verse besonders schön darauf, dass Verwobenheit mit, und Aufgehobenheit im Göttlichen, sich nicht einfach in einem Ritual, einem Gegenstand oder einer Konzeption erschöpfen – und diese Einsicht schafft meines Erachtens Nähe und Platz für dessen Anwesenheit.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Juni Download
Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.
Apg 5,29
Kann man mit dieser Losung behaupten, dass sich religiöse Menschen und Gemeinschaften nicht an Gesetze oder gesellschaftliche Moralvorstellungen halten müssen? Nein, das wäre ein fataler Schluss. Denn die Grundlage von modernen, demokratischen Rechtsstaaten besteht ja gerade darin, dass sich Kirche und Staat gegenseitig respektieren: der Staat anerkennt das Selbstbestimmungsrecht von Kirchen und Religionsgemeinschaften und garantiert deshalb die Glaubens- und Gewissensfreiheit ihrer Mitglieder. Im Gegenzug unterstehen Religionsgemeinschaften jedoch dem Recht. Diese gegenseitige Anerkennung von Rechten und Freiheiten schützt beide Seiten vor unrechtmässigen Zugriffen, zugleich schützt sie religiöse Minderheiten.
Es wäre also ein grosser Fehler, mit diesen Worten aus der Apostelgeschichte die Errungenschaften moderner, freiheitlicher Verfassungsstaaten in Frage zu stellen. Allerdings lehrt uns die Geschichte, dass sich nicht nur Religionsgemeinschaften in Machtpolitik und Unterdrückung verstrickt haben, sondern auch Staaten zu Unrechtsstaaten wurden. In beiderlei Systemen wurde Unrecht zu Recht, Gewalt und Menschenverachtung zur Norm – oder gar zur Pflicht. Wenn Menschen sich in solchen Systemen auf den «Gehorsam» beriefen, so hatte das verheerende Folgen – weshalb uns dieser Begriff umso gefährlicher erscheinen mag.
Doch was könnte mit dem Verweis auf «Gehorsam» in Apg 5, 29 denn gemeint sein, welcher Petrus’ in einer Antwort an den Hohepriester macht? Vielleicht lässt sich das besser verstehen, wenn man die inhaltliche Verbindung von zwei ähnlichen Wörtern herstellt: «Gehorsam» hängt mit «Hören» zusammen. Mit dieser Brücke, lässt sich meiner Meinung nach der tiefere Sinn dieser Losung ausloten. Gehorsam bedeutet dann: das Hören auf die Stimme unseres Gewissens, durch welche gewissermassen Gott zu uns spricht.
Das hat nichts mit blindem Gehorsam zu tun, denn ein solcher hört seine Gewissenstimme nicht, ist herzenstaub und folgt rücksichtslos einer Ideologie. Gehorsam, im Sinne der Losung, ist nie blind, weil dieser das Gewissen einschliesst. Eine solche Form von Gehorsam macht uns im Gegenteil frei, das moralisch Gebotene zu tun.
So wünsche ich uns allen, dass wir immer die Stimme unseres Gewissens vernehmen, und auf diese Weise unseren Beitrag für eine friedlichere Welt leisten können.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Mai Download
Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen! Spr 31,8
Eigentlich sind die Verse 31,1-31,9 im Buch der Sprüche ja Königsregeln, respektive Mahnungen an den König Lemuël. Doch weiter gefasst, kann man sie auch als Ratschläge auffassen, wie man mit einer Position der Stärke und der damit verbundenen Verantwortung umgehen soll.
Der 8.Vers dieser Königsregeln sagt nun, dass privilegierte Menschen ihren Mund für «Stumme» öffnen sollen. Gleichzeitig wird mit dem Hinweis auf «Schwache» angedeutet: es geht nicht nur um «Stumme» im engeren Sinne. Denn in «Stummheit» können auch all jene gefangen sein, die ihr Recht aufgrund ihrer sozialen Stellung, finanziellen Situation, restriktiver gesellschaftlicher Regeln oder repressiver politischer Systeme nicht einklagen können.
In unserem gewöhnlichen Alltag kann das auch Menschen betreffen, die zu ängstlich, unsicher oder zu scheu sind, sich in einer bestimmten Situation zur Wehr zu setzen. Vielleicht stecken sie auch in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in der Zwickmühle eines Sachzwanges. Hier einfach zu sagen, dass sich jede erwachsene Person selber wehren müsse, sonst sei sie «selber schuld», greift zu kurz. Für uns alle gibt es immer wieder Situationen, in denen wir uns aus guten Gründen nicht getrauen, etwas zu sagen. Und manchmal würde zwar nichts dagegensprechen, diese Stummheit zu brechen, aber wir merken erst in der Rückblende, dass wir uns für unsere Rechte hätten einsetzen sollen.
Wie unsere Monatslosung anrät, gilt es deshalb umso mehr in einer Position des Einflusses und der Stärke, ein waches und sensibles Auge darauf zu richten, ob wir jemandem dabei helfen können, zu seinem oder ihrem Recht zu kommen. Unsere Mitwelt wird es uns danken. Und zu einer anderen Stunde, wenn wir unversehens zu den «Stummen» gehören, sind wir zweifelsohne froh, um Unterstützung. Denn was uns alle, auch die scheinbar Unabhängigsten und Stärksten unter uns treffen kann, und früher oder später in unserem Leben treffen wird, ist eine Situation vorübergehender Hilflosigkeit.
Nicht selten jedoch, verbannen wir den Ruf, einer Person zu helfen, die sich für ihre Rechte offenbar nicht einsetzt, schnell mit dem Verweis auf die «Selbstverantwortung». Aber Fremd- und Selbstverantwortung kann man nur in der Theorie gänzlich voneinander trennen. Kein Mensch ist in jeder Lebenslage in einer Position der Stärke, in welcher sich die vielbeschworene Selbstverantwortung unbehelligt entfalten kann – und schon gar niemand ist absolut unabhängig.
Nicht gelebte Selbstverantwortung betrifft uns ebenso, wie nicht gelebte Verantwortung für andere. Als Gesellschaft tragen und beeinflussen wir uns stets gegenseitig. So gehört es auch zu unserer Selbstverantwortung, im richtigen Moment ein gesundes Mass an «Fremdverantwortung» zu übernehmen.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung April Download
Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung. Kol 1,15
In dieser österlichen Losung wird auf etwas verwiesen, was zwar schwer vorstellbar ist, aber im Bild der Freude, des Lichts und der Befreiung emotional nachvollzogen werden kann. So heisst es etwas weiter oben, im Vers 13: «Er hat uns der Macht der Finsternis entrissen […]».
Was hier im Kolosserbrief also angesprochen wird, ist die österliche Freude über den Sieg des Lebens in Christus. Ein christologisches Bild. Emotional können wir dies mit einer zuversichtlich stimmenden Symbolik nachvollziehen: Licht überwindet jeden Schatten. Denn der Schatten ist abhängig vom Licht, aber das Licht gibt es auch ohne Schatten – nämlich dann, wenn sich dem Licht nichts in den Weg stellt. Mit dieser österlichen Zuversicht soll unser Herz freudig und weit werden und dabei einen heilenden Hauch von Furchtlosigkeit gewinnen.
Das können wir mehr denn je gebrauchen! Denn die Tatsache, dass selbst mit noch so grossen Fortschritten in Naturwissenschaft, Technik und Medizin immer ein bedrohlicher Rest des Unkontrollierbaren, in einer Ecke unseres Daseins lauert, könnte in uns endlose Befürchtungen erzeugen. Und ohne Zuversicht sind wir dieser Neigung zur Angst wehrlos ausgeliefert. Ohne Zuversicht wird unser Leben von dem bestimmt, was wir nicht wollen: dem Befürchteten. Daraus kann ein Zwang entstehen, alles beherrschen und kontrollieren zu wollen, doch im Hintergrund verharrt nichtsdestotrotz die dahinterliegende Furcht.
Heisst das im Umkehrschluss, dass uns Vertrauen und Zuversicht leichtsinnig machen, und wir keine Vorsicht mehr walten lassen? Nein, auch das andere Extrem, alles auf eine rücksichtslose, fahrlässige Weise laufen zu lassen, hat nichts mit Vertrauen oder gar Furchtlosigkeit zu tun: eher ist dies eine Form der Gleichgültigkeit oder Überheblichkeit. Und Gleichgültigkeit ist nur eine Flucht vor einer tiefer liegenden Ängstlichkeit.
Wenn unser Herz jedoch von einer österlichen Freude über das Licht und das Leben weit geworden ist, dann ist es zugleich furchtlos und dennoch vorsichtig. Furchtlos, weil es um das Licht weiss, welches stärker ist als jeder Schatten. Vorsichtig und rücksichtsvoll, weil es um den unendlichen Wert des Lebens weiss und das Leid der Mitmenschen verringern will.
Somit schliessen sich Vertrauen und Zuversicht gegenüber Vorsicht und Rücksicht nicht aus. Nein, sie treffen sich im Lichte eines Herzens, welches für das Leben leuchtet, daraus Mut schöpft und so anderen Freude bereitet. Diese österliche Zuversicht und umsichtige Freude wünsche ich uns allen.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung März Download
Jesus antwortete: Ich sage euch: Wenn diese schweigen, werden die Steine schreien. Lk 19,40
«Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!», so heisst es. Dennoch, es gibt Dinge, über die soll man nicht schweigen. Das gilt nicht nur insofern, als dass wir gut beraten sind, Missstände und Ungerechtigkeiten immer anzusprechen. Nein, auch wenn Kritik notwendig und wichtig ist, so sollten wir ebenfalls nicht über Positives und über das, was uns freut, schweigen.
Aber warum fällt es tendenziell leichter, über Negatives bis ins letzte Detail zu klagen, als Positives, nicht nur beiläufig, sondern auch mit Nachdruck wertzuschätzen? Wenn uns etwas inspiriert, begeistert oder freut, und wir dies spontan zum Ausdruck bringen, sind wir verletzlicher, als wenn wir diesen inneren Schatz still für uns behalten.
Deshalb ist es einfacher, und weniger riskant, von dem zu sprechen, was uns stört und was wir nicht gut finden. Denn so kann unser Gegenüber entweder in die Kritik einstimmen oder, im schlimmsten Falle, bloss unser Missgefallen nicht teilen. Das berührt uns viel weniger, als wenn jemand etwas abwertet, was uns wertvoll und wichtig ist – und wofür unser Herz schlägt!
Vielleicht kann es manchmal deshalb auch provozierend oder störend wirken, wenn Freude ungehemmt zum Ausdruck kommt. So ist auch in den vorangehenden Versen unserer Losung (Lk 19,37-19,39) festgehalten, wie die Pharisäer offenbar Mühe hatten, mit der Begeisterung, die um Jesus zu spüren war.
Doch es lohnt sich, Freude auszudrücken: Haben wir den Mut, trotz Verletzlichkeit, über das zu sprechen, wofür unser Herz schlägt, dann bietet sich die Chance für aufbauende und inspirierende Gespräche, die nachhaltig wirken und uns gut tun. Nicht zuletzt gleicht unsere Rede dann einem Wind, welcher die Begeisterung zu anderen trägt und sie auf eine positive Weise ansteckt.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Februar Download
Freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel aufgeschrieben sind! Lk 10,20
Das Wissen um ihre Sterblichkeit, kann Menschen dazu antreiben, durch Name und Ruhm einen Platz im Gedächtnis ihrer Umgebung oder gar der Geschichte zu ergattern. An und für sich ist dieser Willensantrieb nichts Schlechtes, denn mit der Kraft unserer Handlungen können wir viel Gutes bewirken. Doch wenn die dahinter liegende Motivation unser Ansehen ist, laufen wir Gefahr, nicht mehr ehrlich einem vorgegebenen Ziel zu dienen.
Hier erinnert uns Lukas mit den Worten Jesu daran, dass nicht Macht oder Handlungsgewalt im Zentrum unseres Lebens stehen sollten, sondern die Gewissheit, dass wir immer schon einen Platz in Gottes liebender Hand hatten und haben werden (vgl. auch Lk 10,17-10,21).
Mit dieser Zuversicht im Herzen, versiegt auch der Durst, bloss durch Ruhm ein eitles Andenken von uns selbst zu erschaffen. Diese Zuversicht und ein damit verbundenes Gefühl des Friedens, der Geborgenheit und Sicherheit und wünsche ich uns allen.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Januar Download
Viele sagen: Wer lässt uns Gutes schauen? Entschwunden ist über uns das Licht deines Angesichts, Herr. Ps 4,7
Wir haben die unsägliche Gewohnheit, das Gute zu übersehen, weil das Negative zumeist viel schneller und stärker ins Auge sticht.
Wenn die helle Seite des Lebens zu wenig beachtet wird, und so nur noch ein fernes, schwaches Licht am Horizont erscheint, bleiben lange, kalte und furchteinflössende Schatten zurück. Ein Auge, welches seit langer Zeit, auf Dunkles besonders Acht gibt, hat grösste Mühe, etwas Helles anzuschauen – es wird geblendet und muss sich abwenden.
Es ist ein Trugschluss, zu denken, dass wir weniger enttäuscht werden, wenn wir von vornherein das Hoffnungsvolle als hoffnungslos einfärben. Bei dieser Strategie glaubt man, dass man sich so mit eventuell Enttäuschendem bereits abgefunden hat, und deshalb gar nie eine Enttäuschung erlebt.
Aber das Gegenteil ist der Fall: wenn wir die Welt in ein hoffnungsloses Dämmerlicht einfärben, verpassen wir konkrete Chancen, sie heller zu gestalten. Wir handeln dann in einer Logik der Hoffnungslosigkeit und Niedergeschlagenheit, welche das Düstere und Triste zur Realität werden lässt.
Freilich ist es keineswegs einfach, in jeder Lebenslage auch «Gutes zu schauen». Doch selbst wenn es noch so schwer ist: nur schon die Bemühung, Helles und Hoffnungsvolles wahrzunehmen, bildet unsere Motivationsbasis für eine bessere Realität.
Wenn wir neben einem gesunden Realitätssinn zugleich Vertrauen, Hoffnung und Liebe schöpfen, haben wir diese Basis und das tauglichste Auge, um in schwierigen Zeiten Licht und Gutes über den Schatten zu entdecken.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Dezember Download
Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Jes 58,7
Gerade in dieser Jahreszeit erscheint uns diese Losung vielleicht als eine Selbstverständlichkeit: den Hungrigen Brot geben und den Obdachlosen ein Heim – «Das machen wir doch schon längst!», mögen wir denken.
Aus der Empathieforschung ist jedoch bekannt, dass es umso schwieriger ist, Mitgefühl zu entwickeln, je weniger sichtbar und nahe die Leidenssituation eines anderen Menschen ist. Hier kann uns vielleicht der Gedanke helfen, dass mit den heutigen Kommunikations- und Verkehrsmitteln nichts auf dieser Erde mehr wirklich weit weg und ohne Belang für uns ist.
Was uns daran hindert, unser Herz auf Orte und Situationen auszudehnen, die weit weg scheinen, ist auch der Umstand, dass wir unglaublich beschäftigt sind. So haben wir kaum Zeit, uns gedanklich auf weiter Entferntes einzulassen. Dazu kommt eine rasende Informationsflut, die uns täglich überwältigt. Ihre Lautstärke kann die leise Stimme unseres Herzens unhörbar machen.
Deshalb ist es wichtig und wertvoll, uns von Zeit zu Zeit, Tage mit etwas weniger Aktivitäten und Informationskonsum zu gönnen. Dann geben wir dem Besinnlichen einen Platz in unserem Leben. Eine solch besinnliche Zeit wünsche ich uns allen für die kommenden Weihnachtstage.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung November Download
Weinend kommen sie, und ich leite sie, während sie flehen, ich führe sie zu Wasserbächen auf ebenem Weg, sie straucheln nicht auf ihm. Jer 31,9
Traurigkeit und Weinen lassen sich weder bezwingen noch aus der Welt schaffen. Was beides jedoch unnötig bitter macht, ist unsere Verzweiflung darüber, dass wir Weinen oder dass wir traurig sind. Der Anspruch an das Leben, dass es pausenlos unterhaltsam und fröhlich zu sein hat, macht die tristen Phasen und Tiefgänge unseres Lebens zu einer unerträglichen Zumutung.
Weinen muss nicht per se schmerzhaft sein. Nein, Weinen kann so befreiend und besänftigend sein, wie der in der Losung erwähnte Wasserbach. Fühlen wir uns von tiefstem Verständnis und umfassendster Liebe getragen, bedeutet Weinen für uns nicht, dass wir straucheln. Unser Weinen ist dann wie durch einen tröstenden Bach getragen, in welchem sich das Licht der Zuversicht spiegelt und dessen kühles Wasser unsere brennenden Schmerzen lindert.
Wenn wir auch in traurigen Stunden darauf vertrauen, dass wir immer getragen sind, kann sich ein ebener Weg vor uns auftun. So müssen wir nicht den steilen, ungangbaren Pfad erklimmen, gegen ein Gefühl anzukämpfen, welches mit jedem Hadern nur umso schmerzhafter brennt.
Auf dem ebenen Weg, den Jeremia anspricht, verliert selbst das Weinen an Bitterkeit, da es lindernd fliessen kann, wie ein kühlendes Bächlein.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Oktober Download
Sucht das Wohl der Stadt, in die ich euch in die Verbannung geführt habe, und betet für sie zum Herrn, denn in ihrem Wohl wird euer Wohl liegen. Jer 29,7
Der in der Losung angesprochene Gemeinsinn ist mehr denn je von uns gefragt – auch dann, wenn uns bald der Atem unserer Geduld zu verlassen droht. Schliesslich haben wir doch unsere privaten Bedürfnisse und Probleme, so mögen wir denken. Und wenn wir uns gedrängt, gedemütigt oder nicht hinreichend respektiert fühlen, so neigen wir umso stärker dazu, gegen Vorschriften zu rebellieren.
Doch gilt es, zwischen einer Situation unterscheiden, in der wir uns zu Recht widersetzen und einem blinden Drang zur Rebellion, der eher mit unserer emotionalen Grundbefindlichkeit zu tun hat: Wenn beispielsweise jemand, wegen einem bitteren Grundgefühl, stets zu kurz zu kommen, zwanghaft gegen alles Erbetene rebelliert, so hat das eine ganz andere Qualität, als wenn sich Menschen gegen eine Ungerechtigkeit erheben.
So ist es ratsam, für das Wohl der Gesellschaft etwas zu tun, auch wenn wir dagegen viel lieber aufbegehren würden – das ist Gemeinsinn. Denn wie die Losung feststellt, ist das gesellschaftliche Wohl die Grundlage für unser persönliches und privates Wohl. Entspringt unser Drang, gegen etwas zu rebellieren jedoch einem wahrgenommenen Unrecht, so dürfen, ja müssen wir unsere Stimme dagegen erheben – auch das ist Gemeinsinn.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung September Download
Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich. 2.Kor 5,19
Versöhnt-Sein mit sich und der Welt gilt als Grundlage für ein gelungenes, glückliches Leben. Doch was heisst das? Worin besteht eigentlich das, was wir «Versöhnung» nennen? Vielleicht ist die Antwort darauf viel einfacher, als es scheint: Versöhnung hat mit einer ganz bestimmten Form der Liebe zu tun. Versöhnt-Sein besteht also «nur» darin, dass wir dem Leben und unseren Mitmenschen, mit all ihren Macken und Fehlern, einen Platz in unserem Herzen geben. Doch die Krux liegt wohl gerade in jenem «nur»: es entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ein Werk, an welchem wir unser Leben lang arbeiten müssen.
Doch gerade auch mit unseren Schwierigkeiten, diese Form der Liebe konsequent zu leben, dürfen wir uns versöhnen. Paradox formuliert: es gilt, dass wir uns auch mit unserer Mühe, uns zu versöhnen, versöhnen können. Wenn wir uns zuerst so annehmen können, wie wir sind, haben wir auch Herzensraum für die Fehler und Schwächen der Anderen.
Und die Losung erinnert uns daran, dass es eine Weise der Versöhnung gibt, welche die Menschen, die Welt und das Leben in vollkommener Liebe umhüllt.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung August Download
Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.
Ps 139,14
Gewöhnen wir uns eine Haltung der Dankbarkeit an, öffnet dies unsere Augen für das Schöne, Gute und Erstaunliche. Denn Dankbarkeit erweitert nicht nur unsere Herzen, sondern sie erhellt auch unseren Verstand, mit dem wir Dinge bewerten. Dankbarkeit öffnet unsere Seele als Ganzes.
Durch einen dankbaren Blick erscheint das vermeintlich Alltägliche in einem Licht, in dem wir nicht nur die Mängel, Fehler und das Leid dieser Welt sehen, sondern auch die kleinen und grossen Wunder unseres Daseins.
Vieles wird durch blosse Gewohnheit zu etwas Gewöhnlichem und ist deshalb nicht mehr als etwas Wunderbares zu erkennen. Dankbarkeit befreit uns von dieser Alltagsblindheit. Dies wirkt sich auch darauf aus, wie wir uns selber wahrnehmen. So erkennen wir, dass nicht nur das, was wir jeden Tag erleben, etwas Wunderbares an sich hat, sondern auch das, was wir sind.
Dr. phil. Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Juli Download
Der Bote des HERRN aber kam zum zweiten Mal und berührte ihn und sprach: Steh auf, iss, denn der Weg, der vor dir liegt, ist weit. 1.Kön 19,7
Wenn ich diesen Bibelvers ansehe, fällt sofort mir der Vers des Unser Vater ein: "Das Brot, das wir nötig haben, gib uns heute" (Mt 6,11, neue Zürcher Übersetzung). Was verbindet die zwei Bibelverse?
Elia hat vom Herrn eine schwierige und komplexe Aufgabe bekommen: Er muss seine Glaubensgenossen vor die Wahl stellen, sich entweder für Gott oder für die Götzen zu entscheiden, und er muss einen Nachfolger salben, der an seiner Stelle als Prophet sein Volk führen soll. Und dafür sollte er bei allen seinen Kräften sein, so dass ihm sogar zwei Mal gesagt wird, er solle essen.
Der Text spricht vom "Weg, der noch weit ist", das hebräische Wort dafür heisst eigentlich nicht nur "weit" sondern auch "zahlreich", der Weg, auf dem Elia laufen muss, ist nicht nur weit, sondern von zahlreichen Prüfungen und Schwierigkeiten übersät. Und deshalb muss Elia vorher seinen Körper stärken. Man kann das Werk Gottes auf der Erde ohne Kraft und Gesundheit nicht erfüllen.
So ist es für uns wichtig, dass wir jeden Tag die Nahrung bekommen, die uns erlaubt, den Boden für das Reich Gottes vorzubereiten. Auch der Weg zum Reich Gottes ist ein weiter Weg, der zahlreich ist an Prüfungen und Schwierigkeiten, an Enttäuschungen und Niederlagen.
Jesus bittet zuerst um Brot und erst dann um Verzeihung und Befreiung vom Bösen. Nur wenn wir ausreichend genährt sind, können wir uns für das Werk Gottes einsetzen, nicht nur weil wir so stärker werden, sondern auch weil wir uns sonst auf unser körperliches Leiden anstatt auf die Arbeit am Reich konzentrieren.
Wie Elia seinen Mantel Elischa überwarf, um ihm seine schwierige Aufgabe zu übergeben, so hat Jesus seine Mission den Jüngern und uns anvertraut. Er hat in seinem Programm für das Reich Gottes aber zuerst für unsere Nahrung gebetet, das heisst um unsere körperliche Stärkung, damit wir unsere Aufgabe so gut wie möglich erfüllen können.
Pfrn. Milena Jäger-Beux Bild: Susanne Wick
Monatslosung Juni Download
Du allein kennst das Herz aller Menschen 1.Kön 8,39
Die Monatslosung vom Juni spricht ohne Umschweife einen tiefen menschlichen Wunsch an: die Sehnsucht, verstanden zu werden. Dass dieser Wunsch mit einer Fähigkeit zusammenhängt, die an und für sich etwas ganz Alltägliches wäre, ist jedoch nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Im Kapitel 8 vom 1. Buch der Könige, aus dem unsere Monatslosung stammt, entdeckt man aber, dass sich das Wort «erhöre» auffällig oft findet. Selber verstanden zu werden, andere zu verstehen und das daraus resultierende zwischenmenschliche Verständnis hängen nämlich eng mit der Fähigkeit des guten Zuhörens zusammen.
Doch das klingt nur auf den ersten Blick einfach. Zwei Fragen drängen sich auf, die erst bei näherer Betrachtung auf eine Knacknuss hinweisen. 1. Was heisst es eigentlich, verstanden zu werden? 2. Wie kann gutes Zuhören Verständnis generieren? Hier kann man zwar antworten, dass wir uns verstanden fühlen, wenn uns jemand ungeteilt und ganz zuhört – und dann entsteht auch Verständnis! Warum? Weil Verständnis auf Verstehen beruht, und Verstehen entsteht, wenn etwas korrekt und vollständig gehört wird. Auch die Frage, was «ungeteilt und ganz» heisst, lässt sich noch leicht beantworten: wenn jemand vollständig aufmerksam und in ungeteilter Aufmerksamkeit zuhört, dann hört sie oder er uns ganz zu.
Doch die Knacknuss besteht darin, wie das zu leisten ist. Wie kann man jemandem so vollständig zuhören, dass man ihn oder sie versteht? Wie so oft, lässt sich auch diese Frage einfacher beantworten, indem wir einen Blick darauf werfen, was uns daran hindert, dies zu können. Was im Weg steht, zwischen unserem Zuhören und dem Gegenüber, sind unsere Vorurteile, Selbstbezogenheit, das Drehen in eigenen Sorgen, unser immerwährendes Urteilen und blitzschnelles Bewerten, Arroganz und nicht zuletzt all die unkontrollierbaren spontanen Einfälle zu jedem angesprochenen Thema.
Deshalb heisst es wohl im Vers 39 unserer Losung: «dann erhöre du es, [...] denn du kennst sein Herz – denn du allein kennst das Herz aller Menschen». Das Hören des Absoluten kann gar nicht anders als absolut, unmittelbar und ganz sein. Weil es unmittelbar ist, kann auch nichts zwischen dem Gesagten oder Gedachten von uns und dem Zuhören sein. Und aus diesem Grund heisst es auch «denn du allein kennst das Herz aller Menschen».
Doch auch wir können in kleinen Schritten an unserem Zuhören, unserer Aufmerksamkeit und Sensibilität arbeiten. Wenn wir uns bewusst sind, was zwischen unserem Zuhören und unseren Mitmenschen im Wege steht, können wir gleichsam durch solche Wolken des Unverständnisses hindurch sehen und so unserer Sehnsucht verstanden zu werden, gegenseitig gerecht werden. So wünsche ich uns allen, dass wir uns gegenseitig immer besser verstehen und zuhören können.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Mai Download
Dient einander – ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat – als gute Haushalter der vielfältigen Gnade Gottes. 1.Petr 4,10
Vielleicht klingen für uns die Begriffe «Gnade», «Gabe» und «Dienen» etwas verstaubt. Doch die Gedanken hinter dieser Losung haben nach wie vor eine zentrale Bedeutung für die Gestaltung unseres Lebens. Zudem hängen sie mit bestimmten Fragen über unser gesellschaftliches Zusammenleben eng zusammen.
Wir alle sind mit bestimmten Fertigkeiten und Fähigkeiten ausgerüstet. Diese Begabungen bringen wir auch in unsere Gesellschaft: jede und jeder an ihrem oder seinem Platz. Hier scheint es wichtig, sich das Wort «Begabungen» genauer anzuschauen: Be-gabungen sind etwas, das uns gegeben und geschenkt ist, etwas, das uns «in die Wiege gelegt wurde».
Zu glauben, wir hätten all unsere Fertigkeiten selber erschaffen ist ziemlich kurzsichtig: natürlich können wir an unseren Talenten arbeiten, sie trainieren und verfeinern, aber wir alle fangen bei einer gewissen «Grundausrüstung» an. Deshalb kann man es als «Gnade» oder einfach als Geschenk betrachten, wenn wir Talente haben, die unsere Leben reicher, vielfältiger und interessanter machen oder wenn sie zu dem führen, was man gewöhnlich «Erfolg» nennt. Doch es ist genauso kurzsichtig, wenn wir glauben, dass alle Begabungen automatisch zu dem führen, was wir «Erfolg» nennen. Hier drängt sich die Frage auf, ob wir die verschiedensten Fertigkeiten, die Menschen mitbringen, als Gesellschaft gebührend und gerecht würdigen?
Wenn wir unsere Fähigkeiten in erster Linie als Geschenk betrachten, dann hat das zwei entscheidende Konsequenzen: zum einen kann es uns motivieren, das, was uns geschenkt wurde, mit anderen zu Teilen, sprich: die Gesellschaft daran teilhaben zu lassen. Dazu passt hervorragend der Anfang der Losung: «Dient einander – ein jeder mit seiner Gabe».
Zum anderen drängt sich der Gedanke auf, dass es nicht gerecht ist, wenn nur diejenigen Talente als wertvoll erachtet werden, welche Leistung, Stärke, Erfolg und Effizienz mit sich bringen. Wenn wir berücksichtigen, dass nicht alle Menschen mit den gleichen Voraussetzungen und Fertigkeiten in ihr Leben starten, und deshalb allen das Recht auf ein würdiges Dasein zugestehen, dann sind wir die in der Losung thematisierten «guten Haushalter». Dann dienen wir einander in Liebe. So heisst es auch im vorangehenden Vers 8 von 1.Petr, Kapitel 4: «Haltet vor allem an der Liebe zueinander fest, ohne nachzulassen!».
Dieses gegenseitige Dienen in Liebe wünsche ich uns allen.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung April Download
Gesät wird in Vergänglichkeit, auferweckt wird in Unvergänglichkeit. 1. Korinther 15,42
Ohne das Vergehen des Samens kann keine Pflanze aus ihm wachsen. Es kann also nichts Neues entstehen, wenn nicht etwas Altes vergeht. Dennoch sind wir hin- und hergerissen, zwischen der Angst vor der Vergänglichkeit und einer uns immer wieder aufbauenden Hoffnung auf ein erfülltes Leben, das nicht zerfällt: auf eine bleibende Fülle.
Die Angst vor der Vernichtung mag uns zwar wie ein Schatten begleiten, dennoch können wir eine Quelle der Lebendigkeit und Zuversicht erschliessen. Diese Quelle lässt sich gerade dort anzapfen, wo wir viel lieber wegschauen würden: Denn umarmen wir unsere Vergänglichkeit und Verwundbarkeit, unsere Schwächen, Unzulänglichkeiten und unsere letztliche Machtlosigkeit, hat endlich auch das Platz, was Verdrängung und Angst übersteigt. Leben und Tod, Vitalität und Depression, Urängste und Ursehnsüchte, Makel und Perfektionsstreben liegen viel näher beieinander, als wir glauben. So haben der Tod, und unsere Gedanken an ihn, etwas eigentümlich Lebendiges: wenn wir uns bewusst werden, dass wir jeden Moment sterben könnten, dann kann dieser Gedanke Vitalität, Spontaneität, Dankbarkeit für, bzw. Respekt vor dem Leben erzeugen. Gleichzeitig brauchen wir keine Energie mehr, um das Ungemach der Sterblichkeit und Ohnmacht zu verdrängen. Bilder der Vergänglichkeit können dann paradoxerweise zu einem Sinnbild für unser Leben werden – wie das Bild einer Raupe, die stirbt, um ihre Vollendung zum Schmetterling zu finden.
Stirbt und vergeht jedoch jener engherzige Teil in uns, gleich einer Raupe, um die Geburt eines hoffnungsvollen und liebenden Menschen zu ermöglichen, sind Leben, Dankbarkeit und Weite an die Stelle von Angst, Tod und Enge getreten. Die Raupe ist dann zum Schmetterling geworden.
Der Tod und das Destruktive nehmen nur dann Überhand, wenn wir uns in einem destruktiven und blinden Materialismus verlieren. Die daraus verdunkelte und hoffnungsleere Sicht auf die menschliche Existenz windet sich entsprechend in einem Zirkel der Enge, Resignation und Lieblosigkeit. Ohne die Dimension der Hoffnung und der Weite, die analog zum oben zitierten Vers aus dem Korintherbrief, an die Möglichkeit von Metamorphosen glaubt, sind wir geneigt, einem ethischen Absturz zu unterliegen, ganz nach dem Motto: «fressen und gefressen werden!». Dann werden die «Konkurrenz» und der Kampf gefeiert, dann zählt nur noch das Recht des Stärkeren und der Gewalt.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung März Download
Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam! Mk 13,37
Die angesprochene Wachsamkeit der Monatslosung ist hochaktuell: Begriffe wie «Achtsamkeit» und «Wachheit» sind in aller Munde und Mindfulness-Seminare werden bis in die Chefetagen internationaler Firmen angeboten. Aber was bedeutet Wachsamkeit eigentlich? Nicht wach sind wir doch nur, wenn wir schlafen?
Doch schauen wir etwas genauer hin: gehen wir nicht oft wie Schlafwandelnde durchs Leben? Nicht selten sind wir in Tagträume eingelullt oder von Sorgen innerlich getrieben – und deshalb blind für die Anliegen unseres Gegenübers oder für die Schönheit eines Augenblicks. Wachsamkeit bedeutet demnach, sich nicht von Sorgen, Ängsten, Meinungen, Vorurteilen, Grübeleien und Träumen derart einwickeln zu lassen, dass uns unsere gedankliche Welt von Umwelt und Mitmenschen trennt. Positiv formuliert heisst das: mit einem offenen Herz sowie offenen Augen und Ohren durchs Leben zu gehen.
In der Diskussion um Achtsamkeit, wird mit dem Hinweis auf die offenen Sinne aber manchmal die Wichtigkeit eines offenen Herzens ausgeblendet. Eine Wachsamkeit, die nicht von Liebe getragen ist, kann kalt und berechnend sein oder zur blossen Nabelschau mutieren. Wachheit bedeutet auch nicht, dass wir angespannt auf alle möglichen Gefahren und Probleme horchen oder voller Misstrauen alles kontrollieren. Wir sind gut beraten, wenn wir weder allzu skeptisch oder argwöhnisch noch leichtsinnig und naiv sind.
Wachsamkeit und Vertrauen schliessen sich nicht aus. Es gibt eine Wachsamkeit, die in Vertrauen gebettet ist und ein Vertrauen, das erst durch liebevolle Wachsamkeit gegeben ist. Denn tiefes Vertrauen ist durch die Gewissheit einer Liebe getragen, die in Mt 6,25 zum Ausdruck kommt, wenn Jesus sagt: «sorgt euch nicht». Anders gesagt: Auch wenn wir darauf vertrauen, dass wir in Liebe aufgehoben sind, so gehört es zu dieser Form der Liebe, aufeinander und sich selbst achtzugeben. Im Acht-Geben und der liebevollen Achtsamkeit sind wir weder selbstzentriert noch misstrauisch oder leichtsinnig. Diese Form einer liebenden und entspannten Wachsamkeit, die in Vertrauen wurzelt, wünsche ich uns allen.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Januar Download
Gott ist treu. 1.Kor 1,9
Wir sehnen uns gleichzeitig nach Verlässlichkeit und nach Freiheit. Treue und Verlässlichkeit können wir uns jedoch nur gegenseitig schenken, wenn wir Freiheit so interpretieren, dass sie auch Freiheit zur Verbindlichkeit bedeuten kann. Ist das nicht ein Paradoxon?
Nein, denn Freiheit muss nicht immer bedeuten, jederzeit jeden Impuls auszuleben. Neben dieser Konzeption einer «Freiheit zu», gibt es auch eine «Freiheit von»: Die Freiheit, nicht immer auf jede Laune und jeden Impuls unseres Seelenlebens reagieren zu müssen. Wenn man es so definiert, dann gibt es auch die Freiheit, sich für einen Menschen oder für etwas, das einem am Herzen liegt, verbindlich zu entscheiden.
Für mich ist das die Grundlage einer Treue und Verbindlichkeit, die dennoch ungezwungen ist und in Freiheit wurzelt. Warum? Weil diese Art der Treue nicht von einer kopflastigen Entscheidung kommt, die wir uns als Korsett überstülpen, sondern weil sie in der Tiefe unseres Herzens und dessen Überzeugungen entstand. Wenn nun im ersten Korintherbrief von der Treue Gottes die Rede ist, so können wir dies als Symbol einer Treue verstehen, die zugleich von unendlicher Freiheit als auch von unendlicher Liebe getragen ist.
So wünsche ich uns mindestens einen Abglanz dieser Treue und Verlässlichkeit, die in Freiheit, Liebe und herzenstiefer Überzeugung wurzelt.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Dezember Download
Wer in der Finsternis geht und wem kein Lichtstrahl scheint, der vertraue auf den Namen des Herrn und stütze sich auf seinen Gott! Jes 50,10
Es ist besser, ein Licht anzuzünden, als sich über die Dunkelheit zu beklagen. Diese Weisheit, die dem chinesischen Philosoph Konfuzius zugeschrieben wird, verweist auf eine einfache Regel, die unser Leben wandeln kann, aber nicht leicht umzusetzen ist.
Warum ist dies so schwierig? Ein Grund könnte darin liegen, dass wenn uns das Leben Umstände zumutet, die schwer und düster sind, sich unsere geistige Brille, durch welche wir die Welt bewerten, leider auch dunkel verfärbt. Denn mit einem schweren Gemüt sehen wir zwangsläufig weniger Licht. Und mit einem verdüsterten Blick ist es schwieriger, «ein Licht zu entzünden», als es in glücklichen Stunden unseres Daseins ist! Ausgerechnet in den Stunden, in welchen unser Leben ohnehin hell ist, fällt es uns am leichtesten, das besagte Licht anzuzünden. Die oben erwähnte Weisheit und auch der Vers von Jesaja sind gerade dann am schwierigsten anzuwenden, wenn wir es am nötigsten hätten.
Was also tun, in Zeiten, die vollständig von Dunkelheit umflort scheinen? Selbst wenn es schwer ist, diese negative Dynamik zu durchbrechen, so ist es trotzdem möglich, an irgendeinem Punkt zu sagen: «Stopp! Nun zünde ich in mir ein inneres Lichtlein an, wenn es nur ein bescheidener Anfang ist». Dieses Lichtlein lässt sich, wie das damit verbundene Gottvertrauen, einer kleinen, spriessenden Pflanze gleich, hegen und mit Liebe und Sorgfalt pflegen. Aus einem Lichtlein kann eine strahlende Sonne des Herzens werden und aus einem zögerlichen Spross, eine starke Eiche – man muss nur daran glauben.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung November Download
Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Hiob 19,25
Dieser Vers in Hiob spricht etwas an, das extrem schwer, ja beinahe unmöglich scheint: selbst bei den schmerzlichsten Schicksalsschlägen das Vertrauen auf Gott und die innere Gewissheit, dass das Leben letztendlich gut ist, behalten zu können. Geht das überhaupt?
Jederzeit kann ein tragisches Ereignis unseren vermeintlich stabilen Alltag unterbrechen, alle Routinen und die mit ihnen verbundenen Sicherheiten im Nu auflösen. Ohne Gewissheiten und Vertrauen drohen wir dann ins Bodenlose und Sinnlose zu fallen. Mit Schrecken stellen wir immer wieder fest, dass das Leben nicht planbar, sondern unberechenbar ist. Lebensrisiken sind mit keiner Versicherung beherrschbar, unsere Wünsche nicht immer erfüllbar und unsere Ziele nicht immer erreichbar. Ist es angesichts dieser Tatsache, nicht ganz normal, wenn wir ständig Befürchtungen hegen und möglichst viel kontrollieren wollen?
Gibt es eine Quelle von Vertrauen, die diese begründeten Ängste wettmacht? Können wir uns einer Lebenshaltung öffnen, die in einer inneren Freiheit von Beherrschungszwängen mündet? Vielleicht gilt es, unser Vertrauen nicht auf einen unterschwelligen Wunsch der Beherrschbarkeit des Lebens, sondern auf das Leben selbst und auf Gott zu bauen. Das wäre ein Boden, auf dem wir vertrauend zulassen können, dass uns das Leben nicht ohne Brüche und nicht ohne Leid geschenkt ist.
Wäre das nicht ein Boden, auf dem gleichsam ein «lebendigeres Leben» gedeihen kann? Die Bewältigung des Leids bestünde dann nicht in einem stresserfüllten, verbissenen Kontrollieren-Wollen, sondern in dessen Überwindung durch Öffnung und Vertrauen gegenüber dem Leben, wie es sich zeigt. Diese Lebenshaltung ist bei Weitem nicht so leicht umsetzbar, wie sie sich beschreiben lässt. Doch es ist möglich, sich täglich um sie zu bemühen und dennoch Geduld mit unseren Ängsten und Kontrollzwängen zu haben. So zeigt auch die Geschichte von Hiob auf, dass es gegenüber dem Weg der Kontrolle auch einen Weg des Vertrauens gibt – und das heisst nicht, dass wir durch eine solche Lebenshaltung untätig oder passiv werden.
Dieses Vertrauen und ein damit verbundenes «lebendiges Leben» wünsche ich uns allen.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Oktober Download
Wie es dir möglich ist: Aus dem Vollen schöpfend – gib davon Almosen! Wenn dir wenig möglich ist, fürchte dich nicht, aus dem Wenigen Almosen zu geben! Tobias 4,8
«Almosen», das Wort klingt in unseren Ohren wenig motivierend, erweckt Bilder von herablassend hingeworfe-nen Münzen und bettelnden Horden, vom «Negerkässeli», das früher in keiner Sonntagsschule fehlen durfte, von einer Gesellschaft, die scharf geteilt ist in Besitzende und Bedürftige. Unser Vers aus dem Buch Tobias, einer Schrift, die nur in die griechische Version des Alten Testamentes aufgenommen wurde und deshalb in unserer Zürcher Bibel gar nicht abgedruckt ist, ist nicht ganz unschuldig an dieser negativen Besetzung, folgt doch darauf gleich die Erklärung, dass Gott uns die Almosen am Tag des Gerichts zum Guten anrechnen werde.
Da sträuben sich unsere reformierten Nackenhaare. Also dürfen wir den Text vergessen, die Monatslosung für Oktober einfach beiseitelegen? Ich würde nicht dazu raten. Denn einerseits werden wir dem Wort «Almosen» dadurch nicht wirklich gerecht, das Lehnwort aus dem Griechischen bedeutet nämlich dort zuerst einmal «Erbarmen», «Mitleid». Und anderseits ist die Überwindung des Grabens zwischen Arm und Reich auf dieser Welt eines der zentralen Anliegen der Botschaft Jesu!
Nur indem wir bereit sind, die Not der Anderen zu sehen, können wir dazu beitragen, dass die Welt nicht noch mehr auseinanderdriftet und sich so endgültig von Jesu Ideal des «Gottesreiches» verabschiedet. Besonders für unseren Reformator Zwingli ist soziale Gerechtigkeit eine Christenpflicht, nicht um sich damit einen Platz im Himmel zu sichern, sondern um diese Welt wieder lebenswert zu machen. Wenn also das Erbarmen zu den Grundwerten unseres Glaubens gehört, dann muss es auch so geschehen, dass der Empfänger sich nicht von oben herab behandelt fühlt: In Gottes Reich hat er ein Anrecht darauf.
Und alle andern tun gut daran, zu bedenken, was für ein Privileg es ist, wenn sie keine materiellen Sorgen haben müssen. Gerade in einer Kirchgemeinde bedeutet das immer auch einen Auftrag, Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen. Natürlich sollen wir uns deshalb nicht einfach schamlos ausnützen lassen, aber Erbarmen, Einfühlungsvermögen, Mitleid dürfen keine leeren Floskeln sein, denn sie sind das Rezept zu einer Gesellschaft, in der es auch uns wohl sein kann.
Pfarrer Urs Jäger
Monatslosung September Download
Denn was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber Schaden nimmt an seinem Leben? Mt 16,26
Matthäus verweist hier auf etwas, das auf den ersten Blick selbstverständlich, ja fast banal erscheint. Dennoch: im Getriebensein von Existenzängsten und vom Wunsch nach Anerkennung vergessen wir immer wieder solch einfache Lebensregeln, die nicht nur unverzichtbar für unsere Gesundheit, sondern auch Voraussetzung für eine intakte Gesellschaft sind.
Vor lauter Angst, nicht genug zu kriegen oder einmal nicht mehr genug zu haben, fordern wir von uns oder den andern oft so viel, dass dies unserer seelischen und körperlichen Gesundheit, einem rücksichtsvollen Miteinander und nicht zuletzt der Umwelt schadet. Doch, wir könnten die halbe – vielleicht sogar die ganze Welt besitzen. Die Furcht, auch nur einen Teil dieses Besitzes zu verlieren und folglich nicht mehr mit dem gleichen Standard weiterleben zu können, sitzt uns so tief im Nacken, dass jeder noch so grosse Reichtum nie genug ist. Was diese Angst intensiviert, ist die Sorge, dass mit einem Besitzstandsverlust auch ein Verlust der gesellschaftlichen Anerkennung droht.
Je stärker wir uns von dieser Angst treiben lassen, umso mehr verschiebt sich unsere Aufmerksamkeit weg vom Leben zu den Dingen, weg von Menschen zu Besitztümern. Besitz als solcher muss nicht per se schädlich sein, aber wenn die mit ihm verbundene Angst den Blick auf unser Leben und die Anderen derart verdunkelt und verstellt, dass wir nur noch Dinge sehen können, macht uns das krank und vom Leben isoliert. So gesehen, könnten wir die ganze Welt besitzen – es würde uns nichts nützen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen, die Verbundenheit mit dem Leben und unseren Mitmenschen – und die daraus folgende Furchtlosigkeit.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung August Download
Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Mt 10,7
Oft scheint das, was eigentlich sehr nahe ist, weit weg – wir sind blind dafür, weil wir einen Schleier vor unseren Augen haben. Dann verlieren wir den Blick für das, was wir uns alle wünschen: Frieden und ein Herz, das ungekünstelt und aus seiner Tiefe glücklich ist. Unsere Sicht auf die Welt kann mit Traurigkeit, Grübeleien und Alltagssorgen, die wir immer wieder aus dem Sumpf unserer Erinnerungen herausziehen, verschleiert sein. Deshalb bedeckt dieser Schleier nicht nur unseren Geist, sondern auch unser Herz mit Schatten.
Zuweilen ist es so, als ob wir beide Hände vor unsere Augen halten würden, und uns dann beklagen, dass wir auch mit dem besten Willen kein Licht in dieser Welt sehen können. Natürlich beschert uns das Leben auch sehr schwierige Dinge, die sich nicht einfach mit einem Perspektivenwechsel auflösen lassen. Doch der alltägliche Schleier schmerzlicher alter Geschichten und abermals wiederkehrenden Sorgen kann durch Vertrauen, Glaube und Liebe – und nicht zuletzt durch Dankbarkeit für alles, was uns geschenkt ist – um einiges durchlässiger werden. Das Nahe, Alltägliche ist dann nicht mehr ausnahmslos von Schatten bedeckt, sondern weist auch Lichtungen und Platz für Frieden auf.
So wünsche ich uns allen ein erhelltes Herz und eine Sicht, die mit Vertrauen, Glaube und Liebe beschenkt ist.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Juli Download
Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn. Jak. 1,1
Drei essenzielle Zutaten für ein gelungenes Miteinander werden hier auf den Punkt gebracht: Erstens sind Menschen, die «schnell» im Hören sind, gute ZuhörerInnen. Die Metapher der «Geschwindigkeit im Hören» will aufzeigen, dass ein konstruktiver Dialog darin besteht, sofort aufmerksam zu werden, wenn unser Gegenüber etwas sagen möchte.
Der eigene Drang, etwas mitzuteilen, ist jedoch zuweilen so stark, dass unsere GesprächspartnerInnen dabei zu kurz kommen – wir sind dann «langsam» im Zuhören. Diese fehlende «Schnelligkeit im Zuhören» hängt, zweitens, nicht selten mit einem zu hohen Tempo unseres Sprechens zusammen: Wir sind von unserem eigenen Redefluss benommen und schwimmen mit dem Strom unserer emotionalen Betroffenheit und spontanen Assoziationen zu einem Thema. So ist es kein Wunder, wenn die Voten des Gegenübers von der überbordenden Kraft unseres Mitteilungsdranges schon im Kern erstickt werden. Hier wäre es hilfreich, das Sprechen zu verlangsamen, innezuhalten und rücksichtsvolles Denken und Fühlen einzuschalten.
Schliesslich wirkt sich die Geschwindigkeit unserer Rede auch darauf aus, wie schnell wir uns echauffieren: wenn wir unsere Irritationen in einem unbändigen, beschleunigten emotionalen Redefluss mitteilen, wird uns dies garantiert «auf die Palme bringen». Die viel zu hohe Energie, die sich im Tonfall und Geschwindigkeit des Gesagten zeigt, bringt auch die Anderen mit Leichtigkeit auf «dieselbe Palme».
Dagegen kann uns, drittens, erneut die Entschleunigung helfen: Die verlangsamte, taktvolle Rede kann uns nicht nur vor unnötigem, übereiltem Zorn bewahren, sondern trägt auch zu einem grösseren gegenseitigen Verständnis bei. Denn wenn wir uns nicht gleich aufregen, können wir in einem Konflikt auch besser (und länger) zuhören. Deshalb wünsche ich uns allen einen wachsamen, schnellen Hörsinn, eine langsame, rücksichtsvolle Rede und ein sanftes Gemüt, welches «langsam zum Zorn» ist.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Juni Download
Freundliche Worte sind Honigwaben, süss für die Seele und heilsam für die Glieder. Spr 16,24
Wir nähren uns an freundlichen Worten und gedeihen an ihnen, wie ein lichthungriges Pflänzchen an der Sonne oder wie heranwachsende Bienen an Honigwaben. Worte, die in einem wohlgesinnten Ton daherkommen, haben eine aufbauende, stärkende Kraft in sich.
Denn sie lassen Saiten in uns anklingen, die eine Grundstimmung des Vertrauens, Angenommen-Seins und des Friedens mit sich bringen. Deshalb fühlen wir uns wohl um Menschen, die, Honigwaben gleich, reich an freundlichen Worten sind. Sobald wir uns wohlfühlen, zeigt sich dies auch bald in körperlicher Entspanntheit – das ist «heilsam für unsere Glieder».
Worte, die wir hören, erzeugen in uns Vorstellungen, die ihnen qualitativ entsprechen. Genau so ist es mit den Worten, die wir von uns geben: wir sind immer auch zugleich die HörerInnen von dem, was wir selber sagen. Treffen wohlwollende Worte auf uns – oder geben wir solche von uns – schafft dies in uns auch liebevolle Geistesinhalte. Diese mentalen Inhalte erzeugen wiederum eine persönliche Neigung, sie in Taten und Worten umzusetzen. Denn unsere Grundstimmung hat einen Einfluss darauf, wie wir mit anderen Menschen umgehen, und was wir ihnen, in welchem Tonfall sagen.
Freundliche Worte sind also wie Honigwaben, weil sie einen ganzen «Schwarm» Menschen mit Wohlwollen nähren können, und sie uns so zu einem gelungenen Miteinander befähigen. Eine solche Grundstimmung des Angenommen-Seins und des Friedens, die mit «entspannten Gliedern» einhergeht, wünsche ich uns allen – nicht nur für diesen Monat.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Mai Download
Es ist keiner wie du, und ist kein Gott außer dir.
2 Sam 7,22
In dieser Losung wird eine seit langer Zeit gepflegte Ehrerbietung für etwas absolut Einmaliges – Gott – sichtbar. Samuel bringt zum Ausdruck: Nur dieses Eine, neben dem jedes Zweite geradezu als Nichts erscheint, kann dem höchsten Gut und Gegenüber entsprechen. Gerade aus diesem Grund konnte und kann dieses unvorstellbare Höchste, Menschen, gleich einem Anker im Sturm des Lebens, Halt, Kraft und Sinn geben; inmitten von Unwidrigkeiten und Nöten, wie ein ruhender Fels, Zuflucht und Frieden verleihen.
Wenn jedoch das Bezogen-Sein zu diesem Einmaligen für Ausgrenzung und Abgrenzung missbraucht wird, entstehen Konkurrenz, Feindschaft und Krieg unter den Religionen. Einmaliges wird dann zum Überlegenen und Besseren umgedeutet, obschon es doch unvergleichlich sein soll.
Doch das, welches letztlich alle menschlichen Vorstellungen übersteigt, lässt sich nicht in die Enge von kleinherzigem Konkurrenzdenken pressen. Im Gegenteil: es überstrahlt die Irritationen des Gegeneinanders, die Hybris vermeintlicher Überlegenheit und die furchtgeleiteten Egoismen des Ausgrenzens.
So wünsche ich uns allen, dass wir überstrahlt werden, von dieser einmaligen und dennoch alles umfassenden Liebe eines Gemeinsinns, die Kulturen, Religionen und Menschen schützend zusammenhält.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung April Download
Und seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Mt 28,20
Es gibt Tage, an denen wir uns einsam und verlassen, unbeachtet und abgewertet fühlen. Sich isoliert und nicht respektiert zu fühlen, gehört zu den schmerzhaftesten menschlichen Erfahrungen und kann zu schweren Krisen führen. Wird aus einer derartigen Notlage ein Dauerzustand von Absonderung und gegenseitiger Entwertung, kann daraus im Extremfall Menschenfeindlichkeit und Gewalt entstehen.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns in unseren Begegnungen und Beziehungen verbunden und wertgeschätzt fühlen. Erhalten wir diese Anerkennung nicht, wie so oft, bloss auf der Grundlage von Status und Ansehen, sondern ganz einfach als Mensch, entsteht in uns das wohltuende Gefühl, dass wir bejaht werden.
Fühlen wir diese Bejahung unseres Seins nicht nur zwischenmenschlich, sondern, noch grundlegender, auch im Zusammenhang mit dem DU, welches wir «Gott» nennen, ist das ein grossartiges Geschenk für unser Leben. Es ist ein Geschenk der Liebe, das uns selbst durch tiefe Krisen von Isolation und Demütigungen zu führen vermag.
Mit einem derartigen Geschenk der Liebe, wird es unmöglich, eine menschenfeindliche Gesinnung aufrecht zu erhalten. Dieses Geschenk und die daraus folgende Verbundenheit wünsche ich uns allen.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung März Download
Richtet eure Herzen auf den Herrn und dient ihm allein. 1. Sam 7,3
Wahrscheinlich gehört die Ausrichtung unseres Herzens zu den wichtigsten Faktoren für ein gelingendes Leben. Doch was heisst, «sein Herz auszurichten» und kann man es überhaupt «richten»?
Das sind keine einfachen Fragen, aber wir können eine Metapher zu Hilfe nehmen: unsere Aufmerksamkeit ist mit dem Lichtkegel einer Lampe vergleichbar. Insofern ist es entscheidend, worauf wir achten und welchen Gedanken und Gefühlen wir Raum in unserem Leben geben.
Auch unser Herz hat die Kraft, seine Verbindungen zu wählen. Wenn wir den Lichtstrahl unseres Herzens nur auf leblose Gegenstände und Besitz ausrichten, wird uns das letztlich müde, ausgelaugt und unzufrieden machen, weil das Herz etwas Lebendiges ist. Wenn unser Herz die Gelegenheit hat, sich in aufbauenden Beziehungen und Liebe zu spiegeln, und sich mit Gott zu verbinden, dann blüht es auf, weil sein Licht auf das Lebendige scheint.
Daher wünsche ich uns allen ein Herz, dessen Licht und Liebe auf das Lebendige scheint.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Februar Download
Ich bin nämlich überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zur Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll.
Römer 8,18
Interessant, was Paulus da schreibt: Das Ende allen Leides stehe uns bevor, wenn Gott seine Herrlichkeit an uns offenbart!
Ob wir da vielleicht, gerade auch als Christen, in bald 2000 Jahren allzu sehr darauf bedacht waren, unsere Herrlichkeit an ihm herauszustreichen, unsere behauptete Gottgegebene Überlegenheit gegenüber Religionen und Kulturen – und damit das Leiden in dieser Welt nur grösser gemacht haben?
Diese Frage müssen wir uns wohl gefallen lassen – und versuchen, Gott immer wieder wirklich Raum zu geben, in unserem Denken, Tun und Handeln.
Vielleicht erfahren wir dann auch für uns neue, erfreuliche, «herrliche» Zeiten…
Pfarrer Urs Jäger
Monatslosung Januar Download
Meinen Bogen stelle ich in die Wolken. Der soll ein Zeichen des Bundes zwischen mir und der Erde sein. Gen 9,13
Der Regenbogen, der in der Losung angesprochen wird, ist nicht nur ein atemberaubendes Naturschauspiel, welches die Menschen seit je in ihren Bann zieht, er steht auch für eines der ältesten, kulturübergreifenden Symbole.
Die Bedeutung, die hier zum Ausdruck kommt, passt gut als Geleit zum neuen Jahr: In Verbundenheit wollen wir dieses Jahr beginnen und durch sie alle Herausforderungen, welche die Zukunft bringt, gemeinsam anpacken. Denn die vielfältigen Situationen unseres Zusammenlebens erwecken schon mehr als genug Bruchstellen und Differenzen von Sichtweisen auf die Welt. Deshalb ist es wichtig, gemeinsame Ziele und unsere Verbundenheit im Dasein als Menschen immer vor Augen zu halten, um Unstimmigkeiten im konstruktiven Dialog und Handeln überbrücken zu können.
So bergen Kontroversen und Brüche immer auch die Chance, uns zu entwickeln, Probleme zu lösen und die verschiedenen perspektivischen Färbungen unserer Ansichten wie in einem Regenbogen zu integrieren.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Losungen 2018
Monatslosung Dezember Download
Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut.
Mt 2,10
Um diese Jahreszeit mag die Symbolkraft von Sternen besonders eindringlich, vielleicht sogar aufdringlich und omnipräsent auf uns wirken. Doch die Symbolik eines leitenden Sterns, die im Vers angesprochen wird, deutet auf etwas, was nicht nur in der Weihnachtszeit, sondern über das ganze Jahr von Bedeutung ist.
Ziele und Leitsterne zu haben, erfüllt unser Herz mit Freude, Vitalität und Orientierung. Ein Firmament ohne Sterne zeigt sich als endloser, dunkler Raum ohne Fixpunkte. Analog dazu erscheint unser Leben, wenn wir keine Leitsterne, Ideale und Hoffnungen haben, orientierungs- und energielos.
Leitsterne müssen jedoch nicht ein fixes Ziel sein, an das wir uns krampfhaft klammern. Es genügt, wenn wir uns nach diesen Sternen in wertschätzender Zuneigung ausstrecken, mithin unser Herz und Tun nach ihnen ausrichten. Denn die Kraft und Inspiration, die wir aus lichtvollen Zielen schöpfen, macht uns lebendig und durch eine Sinngebung gerichtet. Dies vermag nicht nur unser, sondern auch das Leben anderer zu erhellen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen helle Leitsterne, die unser Herz und Sein erfüllen.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung November Download
Und die heilige Stadt, ein neues Jerusalem, sah ich vom Himmel herabkommen von Gott her […]. Offb 21,2 (ZUB)
Mit metaphorischen, bildgewaltigen Worten spricht hier Johannes von seiner Vision einer neuen Welt, die keine Dunkelheit, kein Leiden und kein Unrecht mehr kennt. Nein, sie soll gleissend strahlen, wie «kristallklarer Jaspis» und aus «glasartigem Gold» sein und ihre Tore sollen immer geöffnet sein (Offb 21,9-25).
Die Voraussetzung dafür sieht er darin, dass es kein Meer, keinen «ersten Himmel» und keine «erste Erde» mehr gibt (Offb 21,1) – das Althergebrachte und Gewohnte muss also für diese neue Welt sterben. Den Wunsch nach einer Welt, in der es nur Schönes und Gutes gibt und die keine «geschlossenen Tore» benötigt, kennt man vermutlich seit Menschengedenken.
Auch wenn uns dieser Wunsch unrealistisch und verstiegen vorkommen mag, so können wir uns fragen, was denn die ersten Schritte dazu wären? Dies wiederum wirft weitere Fragen auf: Ist es wirklich so unmöglich, unsere Welt besser zu gestalten? Wird nicht allzu oft das vermeintlich «Realistische» mit althergebrachten und gewohnheitsmässigen Denkmustern verwechselt? Und ging man nicht auch von blosser «Phantasterei» aus, als Jules Verne 1870 im Roman «Autour de la Lune» die Mondfahrt vorweggenommen hat?
Freilich macht die Mondfahrt aus unserer Welt keine bessere, doch dieses Beispiel zeigt, dass die kühnsten Menschheitsträume alle irgendwann mit einem ersten Gedanken angefangen haben. Nachdem der Wunsch zum Mond zu fliegen nicht mehr als «Spinnerei» abgetan wurde, begann man sich zu überlegen, wie man das einst «Unmögliche» möglich machen könnte. Weiter zeigt es, dass wenn wir uns für eine Sache begeistern und diese mit Motivation und Durchhaltewillen anpacken, Dinge verwirklichen können, die ganz am Anfang sogar utopisch wirken.
Somit stellt sich die berechtige Frage: Wie sähe unsere Welt aus, wenn der Gedanke einer friedlichen und gerechten Gesellschaft als echte Möglichkeit gesehen würde und mit ähnlicher Überzeugung, Durchhaltewillen und Intensität verfolgt würde, wie einst andere «unmöglich» scheinende Innovationen? Auch wenn dies nicht von heute auf morgen gehen mag, so wünsche ich uns, dass wir den Mut haben, die ersten Schritte dazu in unserem nicht unbedeutenden Alltag zu wagen.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung Oktober Download
Herr, all mein Sehnen liegt offen vor dir, mein Seufzen war dir nicht verborgen. Psalm 38,10 (E)
Wir sehnen uns nach einem glücklichen Leben, der perfekten Liebe, erfüllenden Tätigkeiten und uneingeschränktem Wohlstand. Selbst wenn wir zuweilen erfolgreich im Nachjagen dieser Ideale sein mögen: früher oder später bilden sich in ihnen zunehmend Risse. Denn neben ihren freudvollen Seiten zeigen sie irgendwann auch ihr blasses Gesicht des üblich Gewohnten. Auch die Zeit, und mit ihr die Vergänglichkeit, tun das Ihre dazu, dass Fehler, Risse und Schattenseiten, nicht nur an Dingen, sondern auch in unseren Beziehungen sichtbar werden.
Dennoch suchen wir stetig und ruhelos nach Neuem, Besseren und nochmals Optimierten – oder nach dem perfekten Gegenüber! Ist dies wirklich die einzige Antwort auf den Makel des Alltäglichen? Nein, paradoxerweise machen wir – mit der dafür notwendigen Geduld – die Erfahrung, dass wenn wir statt in die Breite immer umfangreicherer Erwartungen, in die Tiefe gehen, hinter den Rissen des Fehlerhaften, das zutiefst Menschliche und Liebenswerte zu sehen beginnen. Das Ermutigende daran ist: Die Liebe, die Schönheit und das Licht, die wir durch jene Risse der Makel zu sehen beginnen, machen aus dem vermeintlich Farblosen und Fehlerhaften etwas Einzigartiges, Erfüllendes.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte & Website
Monatslosung August & September Download
Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.
1 Joh 4,16 (E)
Nur wenige Gedanken und Gefühle magnetisieren uns so stark, wie diejenigen der Liebe.
Woher kommt diese Faszination? Vielleicht liegt es daran, dass wenn wir uns geliebt fühlen, zugleich eine tiefe Geborgenheit empfinden – so, als ob wir in einem uns wertschätzenden, bejahenden Sein aufgehoben und vollständig umarmt wären. Spüren wir diese Wertschätzung und die Bejahung unserer je eigenen Art, fühlen wir uns entspannt und wohl. Das Unbehagen oder gar die Sorge, eventuell anders sein zu müssen, als wir es sind, wird von dieser Form der Liebe so restlos getilgt, wie Wasser in glühender Hitze verdampft.
Und wenn wir gegenüber anderen, wie im Johannesbrief festgestellt, «in der Liebe bleiben», dann erscheint uns die Welt weiter und heller. Sie erscheint uns weiter, weil wir mehr Platz in unserem Herzen haben; und lichtvoller, weil eine wertschätzende Haltung unser eigenes Herz erhellt. Denn wie wir uns vom Gefühl des Geliebt-Seins bejaht fühlen, so bewirkt auch die eigene Haltung, die in Liebe verweilt, ein Offenwerden und Bejahen des Lebens und der Menschen.
Das heisst natürlich nicht, dass wir dabei blind oder naiv werden, denn im Licht erkennen wir sogar mehr. So hält Johannes in 1 Joh 4,8 auch fest: «Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe». In diesem Sinne wünsche ich uns allen das geborgene, erfreuliche Verweilen in Liebe.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte
Monatslosung Juli Download
Säet Gerechtigkeit und erntet nach dem Maße der Liebe! Pflüget ein Neues, solange es Zeit ist, den Herrn zu suchen, bis er kommt und Gerechtigkeit über euch regnen lässt! Hos 10,12 (L)
Wenn wir Gerechtigkeit zu Ende denken, fällt uns auf, dass sie nicht bloss so etwas wie eine Buchhaltung über «Soll und Haben» sein kann, sondern vielmehr einen massvollen Rahmen darstellt, worin wir uns gegenseitig schützen und unterstützen können.
Zu solch einer Form von Gerechtigkeit gehört es auch, abzuschätzen, was wir voneinander erwarten können und wozu jedes Individuum – in seiner je spezifischen Situation – überhaupt in der Lage ist. Gerechtigkeit sollte deshalb nicht einfach in engen Begriffen des «Verdienens», der «Abgeltung» oder gar des «Sühnens» gesehen werden.
Deshalb besteht Gerechtigkeit nicht zuletzt darin, jeder Person das zu geben, was sie unbedingt braucht, damit auch sie von Herzen geben kann. Nur so kann sie eine Basis für ein friedliches und verständnisvolles Zusammenleben sein. Gerechtigkeit die lange währen und Friede bringen soll, findet seinen Nährboden in einem weiten Herzen und einem klaren Verstand. Durch beides sind wir fähig, zu erkennen, dass wir bereits reich Beschenkte sind. Diese Zuversicht und Dankbarkeit wird uns die Angst nehmen, von Herzen und ohne Kalkül zu geben.
So liegt nach Hosea unsere grosse Chance darin, immer in Liebe auszusäen – und in der Folge auch Liebe zu ernten. Eine solche Saat und eine Ernte der Liebe wünsche ich uns allen.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte
Monatslosung Juni Download
Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt. Hebr 13,2 (E)
Wenn wir diese Zeilen aus dem Hebräerbrief lesen, so mögen wir vielleicht denken: «Aber gastfreundlich sind wir doch alle! Erst kürzlich hat das wieder ein befreundetes Paar zu uns gesagt…»
Sind wir das wirklich und unter allen Umständen? Und was verstehen wir eigentlich unter dem Begriff «Gäste»? Können das nur Freunde, Familienmitglieder oder bezahlende Hotelgäste sein?
Die in der Losung erwähnte Gastfreundschaft scheint demgegenüber eine viel weitere Bedeutung zu haben: auch der «Fremde», der kein Geld hat und den oder die wir nicht kennen, ist als «Gast» zu betrachten. So gesehen, besteht eine tiefere Form der Gastfreundschaft darin, einen Menschen, der auf Hilfe angewiesen ist und der Frieden, Geborgenheit und Freiheit sucht, aufzunehmen – auch wenn er fremd ist und wir ihn nicht eingeladen haben.
Lassen wir uns also von dieser Stelle im Hebräerbrief ermutigen, der Angst vor dem «Fremden» den Mut und das offene Herz wahrer Gastfreundschaft entgegenzustellen.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte
Monatslosung Mai Download
Der Glaube aber ist die Grundlegung dessen, was man erhofft, der Beweis für Dinge, die man nicht sieht.
Hebr 11,1 (ZUB)
Wie kann man etwas beweisen, was man nicht sieht? Und wie soll Glaube, der als Gegenstück zum Wissen gilt, etwas «beweisen» können? Doch vielleicht geht es hier gar nicht um ein Wissen, das auf gegenständlichen Fakten beruht, sondern um eine Zuversicht, die sich selber bereits genug «Beweis» ist. Insofern können der hier angesprochene Glaube und die damit verbundene Zuversicht als Wissensformen verstanden werden, die in Vertrauen wurzeln.
Wenn wir einem uns nahestehenden Menschen Glauben schenken, so benötigen wir dafür ein Vertrauen, welches letztlich nicht durch «Beweise» aufgebaut werden kann. Auch die Grundlegung für das Vertrauen in unser Leben und in ein friedliches Zusammenleben ist immer ein Geschenk, das wir uns geben und das uns gegeben wird. Ohne dieses Geschenk, das genau betrachtet in einem Vorschussvertrauen besteht, können wir keine gesunde Beziehung zu uns selbst, zu anderen Menschen und zur Welt aufbauen. Das heisst nicht, dass dieses Vorschussvertrauen nie enttäuscht wird. Doch Misstrauen erzeugt Misstrauen und schneidet uns von unserer Umwelt ab. Demgegenüber schenkt uns ein grundlegendes, gesundes Vertrauen die Chance, das zu leben und zu verwirklichen, worauf wir hoffen und woran wir glauben. In diesem Sinne wünsche ich uns allen dieses Geschenk einer vertrauenden Zuversicht, die die verbindende Kraft hat, sich selbst zu beweisen.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte
Losungsgedanken April Download
Jesus Christus spricht: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Joh 20,21 (L=E)
Frieden ist in unserer Welt sicher nicht im Überfluss vorhanden, obwohl sich alle ein Leben in Frieden wünschen. Woher kommt dieser Widerspruch? Was lässt uns dieses tiefsitzende Bedürfnis nach Frieden vergessen? Paradoxerweise werden wir gerade dann aggressiv, wenn wir glauben, dass jemand unseren inneren Frieden bedroht oder Schuld daran sein könnte, dass er verloren ging.
Selbstverständlich können wir nicht tatenlos zusehen, wenn eine Person dabei ist, etwas Destruktives zu tun. Doch, ist es nicht auch öfters so, dass die in Unfrieden geratenen voneinander denken, «die Anderen» seien die Ursache des Konfliktes, weshalb sie auf keinen Fall eine freundliche Behandlung verdienen? Angefangen, so glaubt man nicht selten, haben «die Anderen»! Die Situation verhält sich dann so, wie wenn ein Tier in einen Spiegel schaut und nicht merkt, dass sein grimmiger Blick von ihm selbst kommt. Als Reaktion auf diesen bedrohlichen Blick wird es streitsüchtiger in den Spiegel schauen. In der Folge wird das Spiegelbild zwingend noch «feindlicher» wirken, worauf sich die aggressive und negative Dynamik weiter verschlimmert…
Unterliegen wir manchmal – obwohl wir eigentlich «nur unseren Frieden wollen» – nicht genau dieser Dynamik, die erst einen Konflikt entstehen lässt?
Edwin Egeter, Redaktion Berichte
Losungsgedanken März Download
Jesus Christus spricht: Es ist vollbracht! Joh 19,30 (L=E)
Manchmal halten wir die Realität kaum aus, zu brutal konfrontiert sie uns mit Schmerz und Scheitern. So muss es auch den Anhängern Jesu gegangen sein, das Sterben ihres Meisters am Kreuz, nach den ältesten Quellen mit einem verzweifelten Schrei, schien ihnen einfach nicht heldenhaft genug, rankende Legenden versuchten dem Ereignis bald ein wenig den Schrecken zu nehmen.
Doch damit entmenschlichten sie auch die Person Jesu, schlimmer noch, sie nahmen sein Leiden nicht mehr ernst, und indem sie seinen qualvollen Tod schönredeten, wurde auch die Verantwortung der Römer für deren Grausamkeit aufgeweicht, und das nicht ohne Absicht: Mit diplomatischem Geschick schrieb Johannes sein Evangelium politisch opportun in seiner Zeit, man wollte sich doch nicht mit den Mächtigsten anlegen!
Für uns aber auch eine Lehre: Wo wir nicht deutlich Stellung nehmen für die Opfer, spielen wir den Häschern dieser Welt in die Hände. Denn Leidende und Unterdrückte gibt es auch heute noch genug. Das braucht Mut, gewiss, doch wir dürfen dabei wissen: Wo Menschen einander Karfreitag zufügen, bringt Gott Ostern.
Pfarrer Urs Jäger
Losungsgedanken Februar Download
Es ist das Wort ganz nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust. Dtn 30,14 (L)
Es ist gut, wenn unsere Worte nicht nur mit den Handlungen, sondern auch mit dem Herzen im Einklang sind. Denn es ist einfacher, unser Tun mit unserer Rede in Übereinstimmung zu bringen, wenn das Gesagte etwas ist, wovon wir bis in unser Herz überzeugt sind. Umgekehrt, kann es einfacher sein, nach unseren Idealen zu handeln, wenn wir den Mut haben, diese den Anderen offen mitzuteilen.
Warum? Jede unserer Mitteilungen ist wie eine soziale Verpflichtung: unser Umfeld hört, was wir sagen und wird uns daran messen, was wir davon tatsächlich getan haben. Dieser Bewertungsmassstab ist uns immer mehr oder weniger bewusst und es ist peinlich, wenn wir uns erinnern, dass wir etwas gesagt haben und dann doch nicht danach handelten. Überzeugungen dem Umfeld ehrlich anzuvertrauen, kann auf diese Weise verbindlicher machen.
Insofern wünsche ich uns allen ein Herz, das die Kraft hat, Andere einzuschliessen und eine darauf abgestimmte mutige Rede der Inklusion und der aufbauenden Worte.
Edwin Egeter, Redaktion Berichte
Gedanken zur Januar-Monatslosung Download
Monatslosung Der siebte Tag ist aber der Tag der Entspannung, der gehört nur Gott. […] Dtn 5,14 (Volx-Bibel)
Was bedeutet das für unsere Gesellschaft, wenn sie erwartet, dass jede und jeder pausenlos 24 Stunden am Tag erreichbar sei? Was bedeutet das für Produzenten, Fabrikarbeiter, Verkäufer, Servicepersonal usw., die hier und in der ganzen Welt dafür schauen, dass wir umgehend geliefert bekommen, was auch immer wir haben wollen? Was bedeutet das für mich, wenn ich in Panik gerate, sobald mein Handy eine leere Batterie hat?
Ganz aktuelle Fragen, mit denen uns die 10 Gebote konfrontieren. Ihre Gültigkeit und vor allem ihre Absicht überzeugen noch heute und sollten auch uns immer wieder zu denken geben, denn was Gott will, so sagt uns die Bibel, das ist nichts anderes als das, was auch für uns selber eigentlich doch das Beste wäre: Wellness für die Seele, ein göttliches Gebot und Angebot, das wir nicht ausschlagen sollten!
Pfarrer Urs Jäger
(Bilder, wenn nicht anders vermerkt: 123RF)